Auf der Veranstaltung “Sicher, einfach, schnell und online? - Der elektronische Personalausweis aus Verbrauchersicht”, veranstaltet von der Initiative “Deutschland sicher im Netz”, habe ich auf der Basis von früheren Erfahrungen mit digitalen Signaturen und mit elektronischen Ausweisen im Ausland die Erwartungen gedämpft. Ohne Zweifel bietet der elektronische Ausweis bei Online-Transaktionen mehr Sicherheit, weil sich der Dienstleister erst selbst mit einem vom Bundesverwaltungsamt vergebenen Zertifikat gegenüber dem Ausweis identifizieren muss, bevor dieser den Benutzer fragt, ob er bestimmte Daten aus seinem Ausweis an den Diensteanbieter übermitteln soll, und der Benutzer dies durch Eingabe einer sechsstelligen PIN bestätigt.
Ich bezweifele jedoch, ob diese objektiv vorhandene höhere Sicherheit von den Bürgerinnen und Bürgern auch erkannt und anerkannt wird und zu einer Verhaltensänderung führt.
Bisher wurden kaum völlig neue Online-Dienstleistungen genannt, die man vorher nicht, in Zukunft aber mit dem EPA erledigen kann. Alle für die im Herbst 2009 geplanten Tests ausgewählten Anwendungen (Flugabfertigung, Online-Gewerbeanzeige, Online-Banking, Emissionszertifikatehandel) kann man heute mit Benutzername/Passwort oder digitaler Signatur auch online machen. Mit dem EPA bestimmt sicherer als mit PIN, aber wer bisher kein Sicherheitsproblem mit dem Online-Banking mit PIN und TAN hat, hat auch keinen Grund, diese gewohnte Praxis zu verändern. Mediennutzung, das lehren uns die Kommunikationswissenschaft und die Techniksoziologie gleichermaßen, ist nicht eine rationale Wahl zwischen verschiedenen technischen Hilfsmitteln, sondern zu Gewohnheit gewordene Praxis und daher nicht so leicht zu ändern, und wie weit der Weg von einer Einsicht bis zu einer Verhaltensänderung ist, können wir an unserem eigenen Ernährungsverhalten prüfen.
Erfahrungen in einem vom ifib durchgeführten, international vergleichenden Projekt belegen dieses konservative Verhalten am Beispiel der elektronischen Steuererklärung in Belgien, Österreich und Spanien. Dort wurde die Identifizierung über den EPA oder eine ähnliche Bürgerkarte neben den bisherigen anderen Verfahren angeboten, aber von weniger als einem Prozent der Nutzer eingesetzt. Der objektive Sicherheitsgewinn trifft nicht auf ein subjektiv bisher nicht hinreichend befriedigtes Sicherheitsbedürfnis.
Deswegen habe ich die Absicht, den Sicherheitsgewinn in das Zentrum von Aufklärungskampagnen zu stellen, als besserwisserisch bezeichnet. (Der Weserkurier und die Schwäbische Zeitung zitierten!)
Vor allem die Gruppe, die zu Beginn der Ausgabe im Herbst 2010 einen neuen Personalausweis erhält, die dann 16-Jährigen, wird sich nicht von solchen Argumenten bewegen lassen, ihr Verhalten im Internet zu ändern. Statt über Verbraucher und ihre Erwartungen in Expertenzirkeln zu diskutieren oder Anbieter zu fragen, die die Erwartungen ihrer Kunden auch nicht genau kennen, habe ich vorgeschlagen, auf explorative Weise mit Jugendlichen selbst zu klären, wo sie im Internet bisher etwas nicht machen konnten, was der EPA aber nun ermöglicht. Dies sollte durch Online-Umfragen und einen Ideenwettbewerb in Zusammenarbeit mit ‘Deutschland sicher im Netz’ und Jugendportalen geschehen, aber auch in physischen Zusammenkünften in Workshops, mit denen die Stiftung Digitale Chancen schon sehr gute Erfahrungen gemacht hat.
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Der Runde Tisch Digitale Kultur und Schule vereint Akteure aus unterschiedlichen Gruppen und Institutionen, die sich primär mit der Frage befassen, wie insbesondere Schulen, Eltern und Freizeiteinrichtungen, sich vorbereiten, um dem Bildungsauftrag unter den veränderten Bedingungen gerecht werden und Medienkompetenz für Lebens- und Arbeitswelt zu fördern. Ziel ist es, Vorschläge, Empfehlungen und Strategien zu erarbeiten, die den gegenwärtigen und zukünftigen Bildungserfordernissen und den beruflichen Anforderungen gerecht werden. Im Zuge seines Engagements im Bereich schulischer Medienbildung beteiligt sich das ifib auch am Runden Tisch Digitale Kultur und Schule. Mehr Informationen unter: http://dimeb.informatik.uni-bremen.de/rundertisch-digitale_kultur_und_schule/
Foto: David Spender bei flickr unter CC
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