In der Ausgabe der Computerwoche vom 18.4.2011 findet sich ein interessantes Interview mit Prof. Walter Brenner vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Uni St. Gallen. Befragt nach der künftigen Rolle der IT angesichts der steigenden Zahl von Digital Natives in der Arbeitswelt und der steigenden Bedeutung von Social Media antwortet er:
“Ich bin sicher, dass eine ganze Reihe von CIOs - ob es ein Viertel oder sogar ein Drittel sind, kann ich nicht quantifizieren - ihre Position demnächst verlieren wird. (...) Weder sind sie bereit, selbst zu lernen, noch ihren Mitarbeitern eine geeignete Lernumgebung zu geben. Mit dem Argument der Standardisierung verhindern sie, dass sich zarte Pflänzchen entwickeln können, die dem Unternehmen zu mehr Innovation verhelfen könnten.”
Das ist zunächst einmal eine steile These. Doch selbst wenn es nicht so kommen sollte wie von Brenner prognostiziert: Seine Überlegungen verdeutlichen, dass die IT-Verantwortlichen nicht zwangsläufig die Spitze der Bewegung sind, wenn es künftig darum geht, Social Media für die Organisationszwecke nutzbar zu machen und sich auch auf die Gewohnheiten der Generation einzustellen, der das Internet quasi in die Wiege gelegt worden ist. Aber wer dann? Zumal im öffentlichen Bereich, wo in den letzten Jahren nahezu jede Organisationsveränderung ihren Ursprung in der IT hatte.
Wir haben kürzlich eine Karte mit twitternden Kommunen veröffentlicht. Diese Beispiele zeigen: So langsam kommt Social Media im öfentlichen Bereich an. Aber noch sind dies Ausnahmen, die zudem vielfach von den Redakteuren des Webauftritts betrieben werden und sich darauf beschränken, Nachrichten der Pressestelle oder Veranstaltungshinweise auf weiteren Kanälen zu verbreiten.Mit neuen Formen der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern hat das alles noch nicht allzu viel zu tun. Dennoch, der Anfang ist gemacht. Und wenn CIOs und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Höhe der Zeit bleiben wollen, beginnt für sie nun eine neue Phase des Lernens. Oder wie Brenner es ausdrückt:
“Es geht jetzt darum, dazuzulernen, Dinge auszuprobieren, neue Prozesse einzurichten und neue Wege zu gehen. Wer jetzt versucht, zu standardisieren oder zu verbieten, stellt sich gegen eine riesige Flutwelle und läuft Gefahr, weggespült zu werden.”
Nun trifft diese Entwicklung den öffentlichen Sektor in einer Zeit, in der es gerade erst mühsam gelungen ist, CIOs überhaupt einzusetzen und sich jenen Standardisierungsfragen zu stellen, die in den meisten Unternehmen schon seit Jahren auf der Tagesordnung stehen. Die Notwendigkeit, historisch gewachsene IT-Infrastrukturen hier weiter zu standardisieren, lässt sich nicht von der Hand weisen. Nur muss dies jetzt mit neuen Entwicklungen rund um Social Media und Open Government sowie mit den Ansprüchen der auf dem Arbeitsmarkt heiß umworbenen Digital Natives in Einklang gebracht werden. Wie dies gelingen kann, ist noch nicht erkennbar. Sicherlich hat Prof. Brenner aber Recht mit seiner Vermutung, dass dieser Herausforderung nicht jeder CIO gewachsen sein wird.
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Wenn es um die offene und freie Bereitstellung von Daten der öffentlichen Verwaltung geht, wird zumeist recht schnell die Frage danach gestellt, wer - außer der Verwaltung selbst, Medienkonzernen und ein paar IT-Experten - denn wohl in der Lage sei, aus Rohdaten anschauliche Darstellungen zu machen. Gerade der Visualisierung von Daten mit Geobezug wird nicht selten nachgesagt, sie sei kosten- und zeitaufwendig und setze Spezialsoftware voraus.
Das wollten wir genauer wissen. Als Beispiel haben wir eine aktuelle Liste der Twitter-Accounts von Städten, Gemeinden und Landkreisen in Deutschland herangezogen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Die Daten lagen zunächst in einer Textdatei vor (reiner Text, lediglich durch Kommata getrennt, z.B. “@bremen_de,http://www.bremen.de,53.07,8.81” - wobei die letzten zwei Werte eine Kartenzuordnung nach dem geodätischen Referenzsystem WGS84 ermöglichen).
Sofern Geodaten zu Orten oder Adressen nicht vorliegen, lassen sich diese durch kostenlose Webtools (wie das Wiki-Tool Get Coordinate von Michael Caviglia) ermitteln.
Mit etwas Beispielcode, einem Texteditor und etwas Einkleben und Ersetzen war die Erstellung einer KML-Datei aus den Daten kein Problem. Dateien in KML (Keyhole Markup Language) werden von Google Maps (dort Pfad ins Suchfeld eintragen) und Google Earth verarbeitet.
Geht es nicht noch etwa freier und offener als Google? Ja es geht. Für OpenStreetMap gibt es eine JavaScript-Anwendung, die es ermöglicht, Kartenausschnitte mit frei definierbaren Objekt-Markern anzuzeigen. Auch hier ist die Übernahme der Daten kein Hexenwerk.
Das Ergebnis ist unter https://www.ifib.de/kommunaltwitter.html zu bewundern.
Schon einmal ganz nett. Im Osten Deutschlands lassen sich Verwaltungen offenbar kaum für Kurznachrichtendienste begeistern.
Mein Kollege Arne Hendrik Schulz hat die Daten schließlich zusätzlich in die Open-Source Statistiksoftware R (http://www.r-project.org) eingelesen. Mittels des Erweiterungs-Pakets twitteR konnte die Anzahl der Tweets und Follower per API von twitter.com extrahiert und mit den vorhanden Daten kombiniert werden. Die Landesgrenzen stammen aus der “GADM database of Global Administrative Areas”, welche über das Erweiterungs-Paket raster direkt in R einlesbar sind. Beide Datensätze wurden mittels ggplot2 grafisch dargestellt.
Abbildung: ifib, Lizenz CC BY
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Daten mit Geobezug heute mit wenig Aufwand und ohne kostenpflichtige Spezialsoftware schnell zu anschaulichen Kartendarstellungen machen lassen. Die Bereitstellung von Verwaltungsdaten mit Ortsbezug als OpenData kann helfen, viele räumliche Zusammenhänge sichtbar zu machen. (Sinnvollere Anwendungsfälle als eine Twitter-Übersicht sind sicherlich leicht zu finden.)
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