Der schulische Einsatz der digitalen Medien findet bisher zumindest an den weiterführenden Schulen in Deutschland vor allem an stationären Computern im Computerraum statt. Viele Lehrkräfte sehen diesen begrenzten Zugang als Einschränkung in Hinblick auf Flexibilität und Spontanität für den Medieneinsatz im Fachunterricht. Die Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler mit mobilen Endgeräten (1:1 Computing) könnte diese Probleme lösen. International (vor allem in den USA und in Großbritannien) lassen sich gute Beispiele für eine flächendeckende Ausstattung der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte mit mobilen Endgeräten (z.B. Laptops, Tablet?PCs, Netbooks) finden. In Deutschland bleiben entsprechende Lösungen meist auf Modellversuche mit so genannten Laptop?Klassen beschränkt, deren Anteil noch weit hinter stationären Lösungen zurück bleibt. Die Ausstattung ganzer Schulen geschweige denn aller Schulen einer Kommune scheiterte bislang u.a. an der Frage der Finanzierung. Gerade für Laptops gilt zudem, dass sie häufig zu schwer und zu sperrig sind, um sie in der Schule immer dabei zu haben. Außerdem wirkt sich offensichtlich auch die hohe Relevanz der materiellen Anteile der Handlungspraxis (Lehrkräfte, aber auch die Schülerinnen und Schüler lieben Papier) einschränkend auf die Aneignung mobiler Endgeräte durch Lernende und Lehrende aus. Medienbrüche tun ein weiteres, um deren unterrichtliche Nutzung einzuschränken.
Aktuell boomt jedoch mit den sogenannten Tab(let)s eine neue Geräteklasse, die sich auch in der Schule zunehmender Beliebtheit erfreut. Diese unterscheiden sich von herkömmlichen mobilen Endgeräten dadurch, dass sie ausschließlich über ein berührungssensitives Display verfügen und keine physische Tastatur mehr besitzen. In der Regel sind sie mit stromeffizienten Prozessoren aus dem Smartphone?Bereich ausgerüstet und werden mit einem entsprechend schlanken Betriebssystem (z.B. Googles Android oder Apples iOS) betrieben. Grundlegende Eigenschaften dieser Medien wie vergleichsweise geringes Gewicht und Größe, relativ günstige Anschaffungskosten, lange Akkulaufzeiten und natürlichere Eingabemöglichkeiten per Multitouch-Fingerzeit sowie der Verfügbarkeit einer Vielzahl kostengünstiger Softwareprodukte (sogenannte Apps) und verschiedener internetbasierter Dienste scheinen sie für den unterrichtlichen Einsatz zu empfehlen.
Verschiedene Indikatoren deuten also darauf hin, dass jetzt die nächste Technikwelle auf die Schulen zurollt, die geplant, implementiert sowie gesteuert und evaluiert werden muss, um die damit einhergehenden Versprechungen für die Verbesserung von Lern? und Lehrprozessen auch nur ansatzweise zu realisieren. Dafür sind zum einen verschiedene technisch-organisatorische Herausforderungen zu bewältigen: Geräte, die eigentlich für die private Multimedianutzung konzipiert wurden, müssen in die IT?Infrastrukturen der Schulen integriert werden. Das betrifft u.a. Lösungen für die Installation und Aktualisierung der Apps genauso wie das Zusammenspiel mit Interaktiven Whiteboards (IWBs), Lernmanagementsystemen (LMS) und Systemen für die Mediendistribution. Hier birgt vor allem die eingeschränkte Schnittstellenausstattung der Tablets Probleme. Dies führt zwangsläufig zu einer Verlagerung bzw. den Austausch von (Schüler?)Daten im bzw. über das Internet. Eine rechtliche Bewertung in Hinblick auf den Datenschutz hierzu steht noch aus. Dazu kommen zum anderen die (berufs?)biografischen Orientierungen der Lehrkräfte in Verbindung mit ihren Kompetenzen, die zentralen Anteil daran haben, wie Medien in der Schule eingesetzt werden. Die dabei auftretenden Schwierigkeiten sind nur eingeschränkt an technische Voraussetzungen gebunden.
Letztlich stellt sich auch die Frage der Finanzierung: Eine vollständige 1:1-Ausstattung über die Kommunen scheint auch in diesem Fall illusorisch. Auf der anderen Seite wächst die private Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit solchen Geräten kontinuierlich und es stellt sich die Frage, ob die Geräte bei einem weiteren Preisverfall irgendwann so selbstverständlich werden, wie der Taschenrechner oder das Handy. In diesem Szenario entfällt für die Schulträger dann zwar die Investition in die Gerätehardware. Sie sind auf der anderen Seite aber gefordert, die notwendigen Infrastrukturen und Schnittstellen für die Integration der Tablets in die Medienwelt der Schulen bereitzustellen bzw. die vorhandenen auszubauen und zu betreiben.
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