Am 6. und 7. September fand in Berlin an der Humboldt Universität das „Creative Bureaucracy Festival“ statt. Die Idee dieser internationalen Tagung ist es die verschiedensten, mittel- und unmittelbar Beteiligten der Verwaltung in einen interaktiven Austausch zu bringen. Neben Beispielen aus der Praxis, Berichten aus der Forschung und ExpertInnendiskussionen wurden auch Workshops abgehalten.
Vor dem Hintergrund einer alternden Personalstruktur (ca. 30.000 Beschäftigte der Berliner Landesverwaltungen gehen in den nächsten Jahren in Rente) sowie steigender Bevölkerungszahl – und damit erhöhten Verwaltungsbedarfs – lud der Regierende Bürgermeister Berlins, Michael Müller zur Eröffnung zu „Berlins größtem Bewerbungsgespräch“. Aufgrund der genannten Entwicklungen ist es inzwischen eher die Verwaltung, welche sich bei den Bürger/innen als interessante/r Arbeitgeber/in bewirbt als andersherum. Die innovative Ausrichtung der Tagung unterstrich schließlich Charles Landry, Autor des Buchs „Creative Bureaucracy“, indem er das inoffizielle Motto des Festivals vorstellte:
Wie kommen wir in der Verwaltung von „Nein, weil…“ hin zu „Ja, wenn…“ als Antwort auf neue Ideen?
Um diese neuen, kreativen Ideen zu generieren wurden in den Workshops diverse Techniken thematisiert. Die kollegiale Beratung beispielsweise, welche eine Struktur für die interne Erörterung und Lösung von Problemen darstellt, weist MitarbeiterInnen verschiedene Rollen in diesem Prozess zu. Neben einem/r Problemsteller/in, dessen/deren formuliertes Problem es zu lösen gilt, gibt es eine/n Moderator/in und eine/n Protokollant/in. Die weiteren teilnehmenden Mitarbeiter/innen sind beratend tätig. Unsere Gruppe diskutierte die Motivation von Mitarbeiter/innen während Veränderungsprozessen und stellte die besondere Bedeutung der Wertschätzung für die Teilnahme am Veränderungsprozess, klare Formulierung des Nutzens der Veränderung und den ernsten Umgang mit etwaigen Ängsten der Beteiligten heraus.
In einem weiteren Workshop – dieses Mal nach dem Vorbild der Design Thinking Methode – arbeiteten wir an einer Lösung für den oft angstbehafteten, ablehnenden Umgang mit neuen, digitalen Technologien in der Verwaltung. Das von uns entwickelte Konzept „Become a #techbuddy“ sah die halbjährlich rotierende Rekrutierung von Techbuddies (Digitalpat/innen) – bspw. für die dort benutzte Fachverfahrenssoftware – aus dem Mitarbeiter/innenkreis vor. Diese sollten einerseits technisch, aber vor allem pädagogisch geschult werden, wie man niedrigschwellige Unterstützung im Umgang mit digitalen Technologien leisten kann. Ein besonderes Augenmerk gilt hierbei dem partizipativen, egalitären Charakter der Beratung unter Kolleg/innen, welches ein Arbeitsklima schafft, in dem sich jede/r traut seine/ihre Fragen zu stellen und Unsicherheiten zu klären.
Interessante Beispiele aus der Praxis wurden ebenso vorgestellt. In Heidelberg wurde bspw. ein „Amt für unlösbare Aufgaben“ gegründet – kurz gesagt eine Projektgruppe, welche es zur Aufgabe hatte, hemmende Routinen in der Verwaltung zu identifizieren und mit Raum und Budget für Experimente ausgestattet ist, für diese innovative Lösungen zu finden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in Bremen war der Erfahrungsbericht aus der Berliner Senatsverwaltung interessant. Berlin führt momentan den Kita-Navigator ein. Hierbei handelt es sich um eine App, in der die Berliner Kitas gelistet sind. Jede Kita kann sich dort vorstellen und die Eltern können sich über die App für die Plätze bewerben. Schon bereits versorgte oder zwischenzeitlich verzogene Kinder werden umgehend an den Träger und die Berliner Verwaltung gemeldet.
Zum Abschluss gab es noch eine ‚FuckUp Night‘, in der die Protagonist/innen von deutschlandweit bekannten Behördenversagen über die Gründe des Scheiterns berichteten. Neben dem Geschäftsführer des Berliner Flughafens BER standen hier in lockerer Atmosphäre hochrangige Vertreter des während der Hochphase der ‚Flüchtlingskrise‘ in Kritik geratenen Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), des seit mehr als 15 Jahren geplanten Projekts Gesundheitskarte und des schleppenden Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses Rede und Antwort – ohne an Selbstkritik und einsichtsreichen Rückblicken zu sparen.
Die Bedeutung solcher Zusammenkünfte wie es das „Creative Bureaucracy Festival“ darstellt, kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Eine kreative, funktionierende Verwaltung kann immer nur in Gemeinschaft funktionieren. Daher sind solche Austauschmöglichkeiten zwischen Verwaltungs-, Forschungs-, Beratungs- und Gesellschaftsvertretern unabdingbar, um adäquate, zeitnahe Lösungen für aktuelle und in Zukunft auftretende Herausforderungen im Öffentlichen Sektor zu entwickeln.
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… so hieß der provokative wie realitätsabbildende Titel der Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit dem Forum Bildung Digitalisierung. Nach der Keynote von Ina Schlie von der SAP AG (Senior Vice President Digital Government and Head of Government Relations) durfte ich die aus Europas größtem Software-Konzern formulierten Anforderungen an Arbeitskräfte der Zukunft mit dem derzeitigen Stand der Medienintegration in deutschen Schulen kontextualisieren. Als Titel meines Vortrags habe ich „Gute Bedingungen für Bildung im digitalen Zeitalter“ gewählt. Beide Vorträge wurden in einem neuen Format „Böll Talks“ in Anlehnung an die berühmten TED Talks aufgezeichnet. Ich habe versucht, anhand von drei Kernbereichen die Herausforderungen des Schulsystems zu skizzieren und dabei auf dessen Dysfunktionalität abgestellt, wodurch sich ein Auseinanderdriften der Basisversorgung von Schülerinnen und Schülern je nach Gemeinde, Kreis, Stadt oder Land ergibt:
a) Inhaltliche Klarheit: -> was ist das Ziel?
b) Hinreichende -> Qualifikationen: wer?
c) Infrastrukturelle -> Voraussetzungen: womit?
In allen drei Feldern, die eng miteinander verwoben sind, bestehen erhebliche Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen und zugleich erweckt es den Anschein, als ob nichts voran ginge. In dieser Ambivalenz habe ich die bestehenden Maßnahmen eingeordnet und auch auf internationale Entwicklung verwiesen. Dabei existieren einige offen Punkte in Wissenschaft und Praxis und an anderen Stellen haben wir ein Umsetzungs- nicht aber ein Erkenntnisproblem.
Im weiteren Verlauf der Konferenz kamen (leider nur wenige) Lehrkräfte oder Schulleitungen zu Wort und es gab ein hochrangig besetztes Panel zur Weiterbildung und der Frage nach den Fachkräften der Zukunft. Abschließend diskutierten Politiker*innen aus CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen sowie der FDP über "Strategien für die digitale Zukunft" und Wege raus aus der Verantwortungsdiffusion.
Weitere Beiträge zum Thema: Berufliche Bildung • Digitalisierung • Mediatisierung • Medienkompetenz • Neue Medien und Schulentwicklung Zuordnung: Veranstaltungen • Vorträge Adressaten: Schulen und Schulträger • Hochschulen
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Vom 16. - 18. November findet das 35. Forum der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) statt, dieses Jahr unter dem Motto "Medienbildung für alle - Digitalisierung. Vielfalt. Teilhabe." Im Mittelpunkt stehen unter anderem Fragen danach, wie Medienpädagogik den gesellschaftlichen Prozess der Inklusion unterstützen bzw. begleiten kann oder auch wie digitale Teilhabe für Schülerinnen und Schüler ermöglicht werden kann. Auf der Tagungswebseite der GMK sind seit Kurzem sowohl das Programm als auch die Möglichkeit zur Anmeldung zu finden. Das ifib ist über das Projekt "Tinder die Stadt" mit involviert und wird gemeinsam mit der GMK-Fachgruppe "Bürgermedien" einen Workshop anbieten.
Katharina Heitmann vom Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) und Adrian Roeske vom ifib werden aus dem Projekt heraus die Co-kreative Entwicklung einer App vorstellen und vor allem praktisch durchführen, indem die Teilnehmenden dazu eingeladen werden, sich aktiv am Prozess der Co-Creation zu beteiligen. Der Workshop wird am Samstag, 17.11., in der Zeit von 10:45 Uhr bis 12:30 Uhr stattfinden.
Weitere Beiträge zum Thema: Partizipation und Teilhabe • Tinder die Stadt Zuordnung: Veranstaltungen
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Am 12.09. endete die 16. E-Learning-Fachtagung Informatik 2018 (DeLFI) an der Goethe-Universität im sonnigen Frankfurt. Das Motto der Tagung lautete "Digitalisierungswahnsinn? – Wege der Bildungstransformation". Das ifib war mit zwei Beiträgen vertreten. Die DeLFI fand in diesem Jahr zusammen mit der Fachtagung zur Hochschuldidaktik der Informatik 2018 (HDI) statt, was für regen Austausch sorgte.
In der Session "Mobile Anwendungen" stellten Philipp Krieter und Prof. Dr. Andreas Breiter ihren Beitrag Track every move of your students: log files for Learning Analytics from mobile screen recordings vor. Der Beitrag präsentiert ein Learning Analytics-Werkzeug, das Logfiles aus mobilen Bildschirmaufzeichnungen wie Videos generieren kann.
In der Session "Learning Analytics" präsentierten Hendrik Heuer und Prof. Dr. Andreas Breiter ihren Beitrag Student Success Prediction and the Trade-Off between Big Data and Data Minimization. Darin zeigen sie, dass auch auf datensparsame Weise mit hoher Genauigkeit vorhergesagt werden kann, ob ein Student oder eine Studentin einen Kurs besteht oder nicht.
Die Veröffentlichungen des ifibs finden Sie hier: Track every move of your students: log files for Learning Analytics from mobile screen recordings und Student Success Prediction and the Trade-Off between Big Data and Data Minimization. Alle weiteren Veröffentlichungen finden Sie in der Digital Library der Gesellschaft für Informatik.
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Am 6. September fand die Tagung „Resonanzräume erforschen und transformieren – Demokratie stärken und gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern“ im Haus der Wissenschaft statt. Philipp Gies vom Bremer Zentrum für Arbeit und Politik (ZAP) organisierte die Tagung, bei der sich einige Projekte der BMBF-Förderlinie „Zusammenhalt stärken in Zeiten von Krisen und Umbrüchen“, in der auch das Projekt „Tinder die Stadt“ gefördert wird, austauschten. Katharina Heitmann von unserem Partnerinstitut, dem ZeMKI, und ich stellten das „Tinder die Stadt“-Projekt vor und versuchten aufzuzeigen, wie wir durch die partizipative Entwicklung einer Nachrichten-App zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes beitragen wollen.
Die Organisatoren der Veranstaltung erforschen in ihrem Projekt RESet (Resonanzräume erforschen und transformieren) Exklusionserfahrungen von ALG II-Beziehern. Ziel ist es u.a. durch die Entwicklung von neuen Bildungsformaten und digitalen Tools die Resonanz und Zugehörigkeit dieser von Prekarität betroffenen oder bedrohten Gruppe zu stärken. Neben uns waren noch zwei weitere Projekte der Förderlinie eingeladen. Beide erforschen und entwickeln neue nicht-digitale Formate für Partizipation und Beteiligung.
Neben dem gemeinsamen Ziel haben die vier Projekten auch ähnliche Herangehensweisen, insofern sie alle mit partizipativen Forschungsansätzen arbeiten. Dabei stehen wir alle vor der Herausforderung diejenigen zu erreichen und zu beteiligen, die sich der Zivilgesellschaft nicht (mehr) zugehörig fühlen. Der Austausch von Methoden, Formaten und Erfahrungen war und wird hoffentlich auch in Zukunft hilfreich sein. Ein weiterer wesentlicher Diskussionspunkt war die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen digitale Technologie überhaupt geeignet ist, um soziale Probleme zu lösen. Insbesondere von Seiten der Soziologen und Politikwissenschaftler war die Skepsis sehr hoch. Zumindest zwei der vorgestellten Projekte werden nach Abschluss vielleicht etwas darüber aussagen können. Gerade angesichts der sich aktuell zuspitzenden Krise des gesellschaftlichen Zusammenhalts wurde aber auch deutlich, dass Symptombehandlung mit Hilfe digitaler Tools nicht von der Erforschung und Beseitigung der sozialen Ursachen ablenken darf.
Weitere Beiträge zum Thema: Partizipation und Teilhabe • Tinder die Stadt Zuordnung: Projekte • Veranstaltungen
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