Glauben statt Wissen über die wirtschaftlichen Effekte der Öffnung von Verwaltungsdaten
Postfaktische Diskussion auch zu Open Data?
Die immer fortschreitenden technischen Möglichkeiten, die heute Digitalisierung genannt werden, scheinen Politiker, Wirtschaftsverbände und Nicht-Regierungsorganisationen zu berauschen. Wissenschaft, die ursprünglich einmal aufklären sollte, stimmt ein und liefert fragwürdige Behauptungen und Berechnungen oder schweigt zu offenkundigem Unsinn und kann sich anscheinend nicht zu einer kritischen Überprüfung durchringen. Doch das ist dringend notwendig, bevor noch mehr Geld in eine angeblich erfolgversprechende und Wirtschaftswachstum fördernde Bereitstellung von Daten investiert wird und Gesetze mit Verpflichtungen verabschiedet werden, bei denen Kosten und erwartbarer Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis stehen (zur Kritik der gleichzeitig damit versprochenen größeren Transparenz vgl. Breiter und Kubicek 2016). Die gemeinsame Kritik an Studien zu den behaupteten volkswirtschaftlichen und demokratiefördernden Effekten der Öffnung von Verwaltungsdaten besteht darin, dass sie als Begründung für Maximalforderungen ohne valide Kostenschätzung und Nachweis der erwarteten Ergebnisse dienen.
Das Beispiel „Open Data Gesetz“
Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat am 25. Januar 2017 den Entwurf eines Open Data Gesetzes vorgelegt und betitelt die Pressemitteilung mit „Daten als Rohstoff der Zukunft“. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass die sogenannten offenen Daten Impulse für neue Geschäftsmodelle und Innovationen bedeuten und daher immer wieder als der „Treibstoff der Zukunft“ oder als das „neue Öl“ bezeichnet werden. EU Kommissarin Neelie Kroes hatte sogar von „Goldminen“ gesprochen. Als Beleg verweist das BMI auf die Studie „Open Data – The Benefits“ der Konrad-Adenauer-Stiftung, nach der der volkswirtschaftliche Effekt der wirtschaftlichen Nutzung offener Daten nach 10 Jahren auf mindestens 12,1 Milliarden Euro jährlich beziffert wird. Dieser Wert wurde nicht selbst ermittelt, sondern aus vorliegenden Schätzungen einer Reihe EU-weiter und nationaler Studien nach der Dreisatzrechnung anhand des Bruttoinlandsproduktes auf Deutschland „adaptiert“. Wenn also eine Studie für Großbritannien ein Potential von 1,2 bis 7,2 Mrd. GBP schätzt, dann macht das 0,08 bis 0,46% des Bruttoinlandprodukts (BIP) Großbritanniens aus und umgerechnet auf das größere BIP Deutschlands ein angenommenes Potenzial von 6 Mrd. GBP. So werden insgesamt ein knappes Dutzend völlig unterschiedliche Schätzungen transformiert, in die Kategorien „konservativ“, „ambitioniert“ und „optimistisch“ eingeteilt und jeweils gemittelt. Die in der Gesetzesbegründung erwähnte Schätzung von12,1 Mrd. ist die obere Grenze der konservativen Schätzung. Insgesamt reicht das Spektrum der “adaptierten Werte“ von 2,5 Mrd. bis 131,1 Mrd. Euro (S. 55 ff).
Der Digitalverband BITKOM hat schon am 19. Dezember 2016 die Pläne des BMI für ein Open Data Gesetz begrüßt, nach dem Daten der Bundesverwaltung standardmäßig offen, kostenfrei und unter freier Lizenz verfügbar gemacht werden sollen („open by default“) und behauptet in einer Pressemitteilung ohne Beleg:“ Das Innenministerium geht für die kommenden zehn Jahre von einem volkswirtschaftlichen Potential in Höhe von bis zu 130 Milliarden Euro aus.“
In ihrem gerade veröffentlichten Transparenz-Ranking zitieren die Herausgeber Mehr Demokratie e.V. und Open Knowledge Foundation dieselbe Studie der Konrad Adenauer Stiftung mit der Behauptung, offene Verwaltungsdaten könnten in Deutschland „einen volkswirtschaftlichen Mehrwert von 43,1 Milliarden Euro im Jahr erzeugen und 20.000 Arbeitsplätze schaffen“ (S. 17). Warum gerade dieser Wert aus dem breiten Spektrum von 2,5 Mrd. bis 131,1 Mrd. Euro ausgewählt wurde, wird nicht erläutert.
Eine Wertschöpfungskette zur Schätzung des “(volks-)wirtschaftliches Potenzials“
Es ist erstaunlich, dass zwar Zahlen genannt werden, aber das was sie abbilden sollen, undefiniert und damit vage und beliebig interpretierbar bleibt. Mal wird das wirtschaftliche Potenzial als volkswirtschaftlicher Nutzen oder Wohlfahrt, mal als Wertschöpfung, aber auch als Umsatz oder Steuereinnahmen konkretisiert. So prüft eine Schweizer Studie, ob sich die Kosten der Behörden für die Bereitstellung offener Daten letztlich über zusätzliche Steuereinnahmen rentieren, die aus der privatwirtschaftlichen Verwertung dieser Daten entstehen.
Um die Herleitung solcher Schätzungen transparent zu machen, habe ich in einem gerade veröffentlichten Beitrag in der Online-Zeitschrift SocietyByte des Schweizer BFH-Zentrums Digital Society versucht, eine Wertschöpfungskette zu skizzieren, die von der Bereitstellung von Daten über die Entwicklung und kommerzielle Nutzung daraus entwickelter Anwendungen über die erzielten Erlöse mit deren Versteuerung zu einem Rückfluss führen kann.
Die heroischen Annahmen der Ökonomen
Nach einer detaillierten Kritik verschiedener Studien in einem zweiten Teil verweise ich im dritten Teil auf fundamentale Irrtümer in den meisten dieser Schätzungen, die ihre praktische Bedeutung erheblich schmälern
Aus Platzgründen möchte ich diese Kritikpunkte hier nicht erläutern, sondern Sie einladen, das in dem Beitrag nachzulesen. Stattdessen noch ein paar Sätze zu den praktischen Schlussfolgerungen.
Open by demand als Alternative
Der Entwurf für das Open Data Gesetz des Bundes geht vom Prinzip „Open by default“ aus. Grundsätzlich sollen alle Daten, die nicht unter konkrete Beschränkungen fallen, als offene bereitgestellt werden. Zwar schreibt das Gesetz keine entsprechende Verpflichtung vor, beinhaltet also keine Muss-, sondern eine Soll-Bestimmung, wie das BremIFG von 2011 bis 2015. Auf die für Gesetzesbegründungen übliche Frage nach Alternativen, antwortet die Bundesregierung schlicht „Keine“.
Das ist nicht zutreffend. Die Alternative heißt “open by default“ und wurde 2015 bei der Novellierung des BremIFG gesetzlich verankert. Da die Kosten für eine dynamische Bereitstellung offener Daten erheblich sind und es keine verlässlichen Erwartungen gibt, dass sie jemals gedeckt werden können, erscheint es wirtschaftlich nicht vertretbar, diesen Aufwand für die permanente Bereitstellung von Daten zu treiben, die möglicherweise nie jemand nachfragt. Ein Haushaltnotlageland wie Bremen kann sich das auf jeden Fall nicht leisten. Daher sieht das novellierte BremIFG zwar eine Muss-Verpflichtung für die Veröffentlichung von Dokumenten vor. Rohdaten werden hingegen nur auf Antrag bereitgestellt. Damit sind relativ geringe Kosten verbunden. Erst wenn bestimmte Daten häufiger angefordert werden, kommt eine dauerhafte Schnittstelle in Betracht, die deutlich teurer ist.
Der Entwurf für das Open Date Gesetz des Bundes geht nicht nur diesen marktwirtschaftlichen und bedarfsgerechten Weg nicht, sondern verbaut ihn. Gleich zu Beginn heißt es in § 12a, Absatz 1, Satz 2: „Ein Anspruch auf die Bereitstellung dieser Daten wird hierdurch nicht begründet“. Das sollte aber so sein und zur Begründung braucht man keine fragwürdigen Potenzialschätzungen, sondern nur den politischen Willen, zu einer nachfragegerechten Gestaltung.
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In der letzten Woche berichtete der Weser-Kurier: „Die Hansestadt ist im ersten bundesweiten „Transparenz-Ranking“, das am Donnerstag von „Mehr Demokratie e.V.“ und „Open Knowledge Foundation“ veröffentlicht wurde, auf dem dritten Platz gelandet. Spitzenreiter sind Hamburg und Schleswig-Holstein. Bremen erreicht 62 von 100 möglichen Punkten.“
Dritter Platz klingt gut. 62 von 100 Punkten nicht so sehr. In dem 22 Seiten umfassenden Bericht (https://transparenzranking.de/static/files/ifg-ranking.pdf) sieht man, dass der Abstand zu den beiden Spitzenreitern nicht sehr groß ist. Hamburg hat 69 Punkte, Schleswig-Holstein 66 Punkte. Am unteren Ende der Tabelle liegen Baden-Württemberg mit 32 Punkten sowie Bayern, Hessen, Sachsen und Niedersachsen mit jeweils 0 Punkten, weil es dort kein IFG gibt.
Wird hier wirklich Transparenz verglichen?
Der Weser Kurier greift den Begriff “Transparenz-Ranking“ auf. Der wird in dem Bericht auch verwendet, aber gleich gefolgt von der Konkretisierung, dass „erstmals die Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der deutschen Bundesländer verglichen wurden“ (S.4). Aber darf man das Transparenz-Ranking nennen? Kann man Transparenz an gesetzlichen Reglungen messen?
In der Literatur wird zum Beispiel zwischen strategischer und rezipierter Transparenz unterschieden. Strategische Transparenz ist, was die Verwaltung beabsichtigt, rezipierte Transparenz, was bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt (vgl. ausführlicher Breiter/Kubicek 2016). Allgemeiner gesagt: Transparenz ist ein objekt- und subjekt-relatives Phänomen. Man muss immer fragen: Transparenz worüber und für wen. Hier: Transparenz des Verwaltungshandelns für die Bürgerinnen und Bürger. Diese Transparenz soll strategisch durch das Recht auf Zugang und Einsichtnahme oder Überlassung von Dokumenten erfolgen. Selbstverständlich ist das Recht auf Zugang dazu eine wichtige Voraussetzung, aber eben auch nur eine Voraussetzung. Bürgerinnen und Bürger müssen dieses Recht zunächst einmal kennen, was nach einer bei der Evaluierung des BremIFG durchgeführten telefonischen Bevölkerungsumfrage keineswegs der Regelfall ist. Dann müssen sie es in Anspruch nehmen wollen, die entsprechenden Schritte tun, das Dokument lesen, verstehen und sich dann ein Urteil über das Verwaltungshandeln bilden. Wobei es sein kann, dass das, was man prüfen wollte, sich aus dem Dokument gar nicht erkennen lässt. Studien zu konkreten Fällen belegen, dass diese Kette an vielen Stellen abbricht und die Bereitstellung von Informationen keineswegs zu mehr Transparenz auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger führt (auch hier ausf. Breiter und Kubicek). Das alles wird in dem Bericht zum Ranking nicht erwähnt. Es wäre ehrlicher (und transparenter), wenn schon in der Überschrift deutlich gemacht würde, dass es sich um ein Ranking der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze der Bundesländer und des Bundes handelt, also um einen Rechtsvergleich.
Kann man Regelungen zum Informationszugang angemessen quantitativ vergleichen?
Das vorliegende Ranking der gesetzlichen Regelungen unterscheidet sechs Aspekte („Kategorien“) und weist ihnen unterschiedliches Gewicht durch die Anzahl der jeweils erreichbaren Punkte zu:
Informationsrecht | 28 Punkte |
Auskunftspflichten | 20 Punkte |
Ausnahmen | 18 Punkte |
Antragstellung | 14 Punkte |
Gebühren | 10 Punkte |
Informationsfreiheitsbeauftragte(r) | 10 Punkte |
Summe | 100 Punkte |
Die Punktzahl pro Kategorie setzt sich aus den Punktzahlen für mehrere einzelne Indikatoren zusammen, die durch einfache Ja-/Nein-Fragen ermittelt werden. So werden die 28 Punkte für die Kategorie Informationsrecht erreicht, wenn u.a. folgende Fragen bejaht werden:
Teilweise wird hier gegen das Prinzip möglichst objektiv feststellbarer Indikatoren verstoßen. Ob die elektronische Aktenführung die Beantwortung von Fragen vereinfacht und Kosten spart, ist keineswegs sicher. Und im Gegensatz zu den anderen genannten Indikatoren ist auch von außen nicht feststellbar, ob und wie weit in der gesamten Landesverwaltung die e-Akte eingeführt worden ist, zumal wenn es der Kreis der auskunftspflichtigen Stellen weit über die Kernverwaltung hinausgeht.
Bei anderen Indikatoren, deren Fehlen z. B. bei Bremen als Verbesserungspotenzial in dem Artikel erwähnt wird, dominiert eine technische Brille. So gibt es zwei Punkte für eine „Antragsassistenz“ im Sinne eines Tools im Internet. Das häufigste Problem bei der Antragstellung ist, dass man bei einem bestimmten Informationswunsch nicht weiß, welches Dokument man bei welcher Behörde anfordern soll. Ob ein Tool im Internet besser hilft als die Möglichkeit nach dem BremIFG, sich per E-Mail oder Telefon an die Informationsfreiheitsbeauftragte zu wenden, die verpflichtet ist, solche Unterstützung zu leisten, darf bezweifelt werden.
Der Haupteinwand gegen das vorliegende Verfahren ist jedoch, dass auf der Ebene der Indikatoren sehr unterschiedliche Sachverhalte gleich gewichtet werden. Ist es denn für die letztlich angestrebte Transparenz gleichermaßen wichtig, ob der Anspruch in der Verfassung verankert ist oder ob es eine Antragsassistenz gibt, ob IFG und UIG harmonisiert sind oder ob es die E-Akte gibt. Alles geht mit je zwei Punkten in die Gesamtwertung ein. Im Fall der Informationsrechte ist den Autoren außerdem ein Fehler unterlaufen. Addiert man die insgesamt 10 Indikatoren, so kommt man nur zu 20 und nicht wie bei der Darstellung des Index angegeben zu 28 Punkten. Da bei allen Gesetzen so acht Punkte fehlen, ändert das nichts an der Rangfolge, aber an den Prozentwerten und trägt nicht zum Vertrauen in diese Bewertung bei.
Bewertungs-Transparenz
Zu einem transparenten Ranking gehört zunächst, dass die Indikatoren, deren Gewichtung und die konkrete Punktevergabe offengelegt werden.
Für welche Indikatoren jeweils wie viele Punkte mit welcher Begründung vergeben werden, wird in dem Bericht nicht dargelegt. Aber wenn man etwas googlet, findet man für jeden einzelnen Indikator die vergebene Punktezahl mit Begründung (hier: https://transparenzranking.de/laender/bremen/). Darauf hätte man in der Broschüre verweisen können. Dann fällt allerdings auf, dass Bremen dort sogar einen Punkt mehr erhält. Es gibt keine Angaben zum Bewertungsverfahren und die Bewerter werden nicht genannt. Vier-Augen Prinzip und unabhängige Bewerter sind Grundstandards solcher Bewertungen. In dem Bericht wird nicht angegeben, wer die Punkte vergeben hat. Man darf annehmen, dass es Mitglieder des Vereins Mehr Demokratie e.V. und der Open Knowledge Foundation waren. In der Einführung wird erwähnt, dass gerade diese beiden Organisationen das Hamburger Transparenzgesetz angestoßen und an seiner Formulierung mitgewirkt haben. Wenn nun Hamburg auf dem ersten Platz landet, weckt dies Zweifel an der gebotenen Unabhängigkeit der Bewertenden.
Redaktionelle Fehler
Aus offen zugegebener Parteilichkeit muss bei dieser Gelegenheit die häufig verbreitete Fake-News korrigiert werden, das Hamburger Transparenzgesetz wäre das erste Bundesland gewesen, das eine proaktive Veröffentlichung vorschreibt. Dies gilt für Rohdaten, aber nicht, wie in diesem Bericht behauptet für die allgemeinen Informationspflichten. Bremen hat diese Verpflichtung und damit das zentrale Informationsregister nicht erst mit der ersten Novellierung 2011, sondern schon im ersten IFG 2006 vorgegeben. 2011 wurde der Katalog der zu veröffentlichenden Informationen erweitert und 2015 wurden aus dem „Soll“ ein „Muss“.
Welche Art von Vergleich ist denn angemessen?
Wenn wir die Addition gleicher Punktzahlen für unterschiedlich wichtige Sachverhalte als nicht angemessen kritisieren, bleibt die Frage, wie man es denn besser machen könnte. Ein Vergleich ist sinnvoll. Die Kategorien auch. Selbst die ausgewählten Indikatoren erscheinen uns überwiegend tragfähig. Statt sie mit einem JA und einer Punktzahl zu bewerten, kann man die jeweiligen Passagen aus den Gesetzen in einer Synopse gegenüberstellen und es den Leserinnen und Lesern überlassen, zu entscheiden, was sie für transparenzfördernder halten und was nicht. Das zeigen wir beispielhaft anhand eines Vergleichs des IFG Bund, des Hamburger Transparenzgesetzes sowie des Brem IFG und des Transparenzgesetzes Rheinland-Pfalz. Man sieht daran sehr gut, wie unterschiedlich die einzelnen Formulierungen sind und was bei der Reduzierung auf Punktwerte an Erkenntnissen verloren geht. Wenn die Autoren betonen, ihr Hauptziel sei es, Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen, dann würden sie dies sicherlich mit einer solchen Synopse besser erreichen. Und wenn es am Ende doch Punkte sein sollen, dann wäre eine solche Synopse, in der jedem Textauszug ein Punktwert zugeordnet wird, ein transparentes Verfahren.
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Anlässlich der Diskussion über die VDI Richtlinie 7000 "Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten" habe ich in zwei vorangegangenen Kommentaren argumentiert, dass dort zu hohe Erwartungen im Hinblick auf die Gewinnung von Akzeptanz geweckt werden. Dabei stützte ich mich auf die Erfahrungen bei der Evaluation der Bürgerbeteiligung an zwei Fernstraßenprojekten. Eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung bei großen Infrastrukturprojekten kann Bürgerinitiativen nicht von Klagen gegen ein Vorhaben abhalten. Und in den für Großprojekte typischen mehrstufigen Genehmigungsverfahren wird in den späteren Phasen die Legitimation der vorangegangenen Entscheidungen oft nicht anerkannt, sondern die Ermittlung des Bedarfs und die Auswahl einer Vorzugsvariante erneut gefordert. In diesem Beitrag möchte ich auf ein drittes strukturelles Problem hinweisen, das bei Bürgerentscheiden und Bürgerbefragungen besteht. In der Richtlinie ist von dem Ziel die Rede, "Bürgerinnen und Bürgern einen informierten, individuellen Entscheid zu ermöglichen und so den Konflikt verbindlich zu lösen" (S. 90). Das hat auch das Verkehrsministerium in Mecklenburg-Vorpommern geglaubt, als es die Bürgerinnen und Bürger von Waren an der Müritz darüber abstimmen ließ, ob die B 51 statt weiter durch den Ort um den Ort herum geführt werden soll und der Bau einer Ortsumgehung zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet werden soll.
In meinem Evaluationsbericht wird dargelegt, dass trotz optimaler Bürgerinformation und einem klaren Votum, das Hauptproblem der vom Durchgangsverkehr betroffenen und belasteten Bürgerinnen und Bürger nicht gelöst wurde und der seit Jahren bestehende Konflikt fortbesteht. Und dies liegt nach meiner Überzeugung daran, dass bei Bürgervoten zu Infrastrukturprojekten lokal die negative Betroffenheit überwiegt, während der Nutzen überregional zu verzeichnen ist und die positiv Betroffenen schwieriger zu identifizieren und zu beteiligen sind.
Diesem Phänomen wird mit man mit der Etikettierung der Gegner vor Ort als NIMBY (Not In My Back Yard) nicht gerecht. Es handelt sich vielmehr um eine strukturell bedingte Asymmetrie. Ganz offensichtlich ist dies beim Ausbau der Stromnetze. Wenn man auf der langen Strecke von der Nordsee bis Bayern die dort wohnenden Bürgerinnen und Bürger über die einzelnen Bauabschnitte mit neuen Strommasten abstimme ließe, kann man hohe Wetten auf ein negatives Ergebnis abschließen. Und es gibt in einer kapitalistischen Gesellschaft, die den Eigennutz zum Katalysator für gesellschaftlichen Wohlstand erklärt, keinen Grund zu der Annahme, dass hier plötzlich großer Altruismus oder Solidarität der Menschen in Niedersachsen und Hessen mit denen in Bayern überwiegen würde.
Diese Asymmetrie bei der Verteilung von Kosten und Nutzen war nach meiner Überzeugung der Hauptgrund für den negativen Ausgang des Bürgervotums in Waren. Zusammen mit der Bundestagswahl 2013 haben 57% der Wahlberechtigten dort an dem Bürgervotum teilgenommen und 59,7 % gegen die Anmeldung einer Ortsumgehung zum Bundesverkehrswegeplan gestimmt. Diejenigen, die den größten Nutzen von einer solchen Ortsumgehung hätten, die überregionalen Verkehrsteilnehmer, die nicht mehr im Stau stehen müssen, durften nicht mit abstimmen. Bei den Warenern selbst waren vor allem die Anwohner an dieser einen Bundesstrasse für eine Ortsumgehung, weil sie eine Entlastung von Lärm und Feinstaub erwarteten. Einige standen selbst öfter in den Staus oder hatten Mitleid mit den Anwohnern, aber mehr Einwohner waren dagegen, weil die aus verkehrlichen Gründen effektivsten Trassen ein Naherholungsgebiet zerschneiden und einen tiefen Eingriff in ein Naturschutzgebiet bedeuten würden. Außerdem mag bei einigen Anwohnern der diskutierten Trassen auch die erwartete zusätzliche Verkehrsbelastung zu einem Nein geführt haben.
In diesem konkreten Fall kommen noch zwei Schwierigkeiten hinzu. Aus planungsrechtlichen Gründen durften die Bürgerinnen und Bürger nicht für eine der sechs in Erwägung gezogenen Varianten, sondern nur über das "ob" einer Ortsumgehung abstimmen. Die Auswahl der konkreten Trasse muss dem Raumordungsverfahren vorbehalten bleiben, in dem nach vorgegebenen Kriterien und auf Gutachten gestützt ein Vergleich vorgenommen und eine oder wenige Vorzugstrasse(n) bestimmt werden. In einer frühen Phase ist es grundsätzlich gut, wenn viele Varianten diskutiert werden. So entsteht aber auch die Gefahr, dass bei einer Abstimmung zu einem so frühen Zeitpunkt der Kreis derer größer ist, die sich von einer dieser Varianten negativ betroffen fühlen.
Das zweite Problem dieser konkreten Abstimmungsfrage war, dass sie keine Lösungsperspektive für das lokale Lärmproblem der Anwohner an der Durchgangsstraße beinhaltete. Auf einer Abschlussveranstaltung warfen sie der Stadt und dem Ministerium vor, dass ihre amtlich anerkannten gesundheitlichen Belastungen nicht ernst genommen werden. Der Konflikt zwischen Ihnen und den übrigen Einwohnern besteht weiterhin und das Vertrauen in die Politik ist eher gesunken. Dies kann in diesem Fall sogar durch eine repräsentative Bevölkerungsumfrage belegt werden: 38% sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden, 46% wollen sich weiter für eine Ortsumgehung einsetzen, 56 % sagen die Streitigkeiten werden weitergehen, 11% erwarten sogar eine Zunahme. Die von Ministerium erhoffte Befriedung wurde so nicht erreicht.[1]
Der Evaluationsbericht enthält weitere Daten und daraus abgeleitete Erkenntnisse und Empfehlungen. Die wichtigste ist, dass ein Bürgervotum vor allem dann eine akzeptanzfördernde Wirkung entfallen kann, wenn
Bei großen überregionalen Infrastrukturprojekten ist das eher unwahrscheinlich.
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Auf der Veranstaltung des VDI am 2, März in Bremen mit dem Titel "Können wir noch Großprojekte?" wurde die Richtlinie VDI 7000 "Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten" zur Diskussion gestellt. Eine zentrale Botschaft, die uneingeschränkt unterstützt wurde, lautet: "Je früher, desto besser". Ich habe in einem ersten Kommentar schon auf den Unterschied zwischen Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsbeteiligung hingewiesen. Hier ist dieser besonders relevant, weil der Slogan bei Bürgerbeteiligung im Gegensatz zur Öffentlichkeitsbeteiligung nur bedingt zutrifft.
Zunächst aber soll geklärt werden, was ein Großprojekt auszeichnet. Das Kriterium sollte nicht das Investitionsvolumen sein, sondern die Komplexität der Genehmigungsverfahren. Es gibt Industrie- und Infrastrukturprojekte, bei denen die Genehmigung in einem Verfahren durch eine Instanz erfolgt. Dies gilt für drei der vier vorgestellten Bremer Projekte. Das vierte Projekte, der Bauabschnitt der A 281, war etwas komplexer, weil die Entscheidung nicht alleine durch das Land getroffen werden konnte, sondern mit dem Bund abgestimmt werden musste, der den größten Teil der Baukosten finanziert. Noch komplexer sind die Fernstrassen- und Stromnetzausbauprojekte, wenn man sie von Anfang an betrachtet. Dann bestehen sie nämlich aus mehreren aufeinander folgenden Genehmigungsverfahren mit mehreren Instanzen. Insgesamt kann man so gesehen vier Komplexitätsstufen unterscheiden:
Eine Genehmigungsinstanz | Mehrere Genehmigungsinstanzen | |
---|---|---|
Einstufiges Genehmigungsverfahren |
Komplexitätsstufe 1: z.B. Hulsberg Viertel, IKEA-Standort und Offshore Terminal Bremerhaven |
Komplexitätsstufe 2: z.B. Bauabschnitt A 281 |
Mehrstufiges Genehmigungsverfahren | Komplexitätsstufe 3 | Komplexitätsstufe 4: Bundesautobahn und Stromnetzausbau |
Was die größere Komplexität für den Erfolg von Beteiligung im Sinne der Ziele der VDI 7000 bedeutet, kann man gut an dem von mir evaluierten Bürgerdialog zur A 33 Nord sehen. Dort ging es um ein neun Kilometer langes Stück Autobahn, das eine Lücke bei der Verbindung der aus Süden kommenden A 33 mit der A 1 schließen soll. (Mehr zum Projekt: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/beteiligung-bei-infrastrukturprojekten/projektthemen/buergerdialog-a33-nord/).
Bereits 2007 hatte das Raumordnungsverfahren begonnen, in dem mehrere Trassenverläufe identifiziert wurden. 2009 erfolgte die landesplanerische Feststellung einer Vorzugsvariante, die dem Bund als Finanzier des Baus vorgelegt werden musste. Dieser reagierte erst 2013 mit der verbindlichen Linienbestimmung der Vorzugsvariante zusammen mit einigen Naturschutzauflagen. Kurz zuvor hatte der von der Bertelsmann Stiftung zusammen mit der Straßenbauverwaltung und dem zuständigen Wirtschaftsministerium für einen Zeitraum von zwei Jahren vereinbarte Bürgerdialog in Form eines Forums mit einer Reihe von öffentlichen Stellen und Bürgerinitiativen für und gegen den Lückenschluss begonnen.
In dem Dialogforum wurde schon in der ersten Sitzung das Dilemma deutlich, dass die Straßenbauverwaltung nur die Ausgestaltung der vorgegebene Linienbestimmung planen durfte, während die Bürgerinitiativen gegen diese Trasse die vergleichende Planung einer Alternative in Form des sechsspurigen Ausbaus der A 30 forderten oder den Bedarf generell in Frage stellten. Dieser Konflikt war nicht aufzulösen und obwohl ein Auftrag für ein Verkehrsgutachten auch auf die Untersuchung der Alternative ausgedehnt wurde, verließen die meisten Bürgerinitiativen das Dialogforum nach drei Sitzungen (ausführlicher dazu der Evaluationsbericht).
Das so genannte Beteiligungsparadox beschreibt das Phänomen, dass die Beteiligungsbereitschaft in den frühen Planungsphasen gering ist, in denen noch große Gestaltungsspielräume bestehen, während das Engagement erst steigt, wenn bildlich gesprochen die Bagger kommen, aber dann rechtlich kaum noch etwa geändert werden kann. Im einstufigen Verfahren kann man dem durch intensive Öffentlichkeitsarbeit ein Stück weit begegnen. Darauf geht die VDI 7000 näher ein (S.92). Aber in den mehrstufigen Verfahren ist dieses Dilemma in der Regel nicht auflösbar, weil es aus der Logik einer effizienten Planung resultiert. Aus gutem Grund wird gerade bei Infrastrukturprojekten der Planungsgegenstand von Stufe zu Stufe schrittweise eingegrenzt und aufgrund zunehmend intensiverer Untersuchungen konkretisiert. Es gibt keine vernünftige Alternative dazu, zunächst einen Bedarf zu ermitteln, dann mehre Handlungsalternativen zu identifizieren, eine erste Auswahl aufgrund eines noch groben Vergleichs zu treffen und erst dann nur für einige wenige Alternativen eine detaillierte Untersuchung aller relevanten Aspekte vorzunehmen. Im Falle der A 33 Nord hat alleine die Naturschutzuntersuchung für die in der Linienbestimmung festgelegte Trasse zwei Jahre gedauert. Das kann man nicht für vier oder fünf Varianten mit der Gründlichkeit tun, die am Ende für die genaue Festlegung von Überquerungen und Unterführungen als Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz erforderlich ist.
TÖBs verstehen und akzeptieren das im Prinzip, Bürgerinnen und Bürger in der Regel nicht. An der Bedarfsermittlung will sich kaum ein Bürger oder eine Bürgerin beteiligen, und auch bei der Suche nach möglichen Trassen ist das individuelle Interesse zumeist gering. Betroffenheit, die Hauptmotivation für Beteiligung, entsteht zumeist erst in den späteren Phasen. Und dann entsteht das erwähnte Dilemma, das man verallgemeinernd als Legitimationsbruch bezeichnen kann: Die Behörden sind bei der Detailplanung für das Planfeststellungsverfahren zwingend an de Entscheidungen der vorangegangenen Genehmigung gebunden. Die zum Dialog eingeladenen Bürgerinitiativen und zu Veranstaltungen kommende Bürgerinnen und Bürger fühlen sich daran jedoch überhaupt nicht gebunden. Die von Luhmann als wichtiges Mittel zur Lösung von Konflikten herausgestellte Legitimation durch Verfahren funktioniert nur auf der Seite der Vorhabenträger, aber nicht auf der Gegenseite der Bürgerinnen und Bürger und der Bürgerinitiativen, auch dann nicht, wenn in den vorgelagerten Stufen noch so intensive Beteiligung stattgefunden hat. Aufgrund der langen Dauer der Verfahren gibt es kaum personelle Kontinuität.
Dieser Legitimationsbruch besteht auch bei mehrstufigen Bremer Beteiligungsprojekten wie dem Verkehrsentwicklungsplan und dem Flächennutzungsplan. Beide sind mit guter Bürgerbeteiligung erstellt worden. Aber man darf nicht erwarten, dass bei der Umsetzung einzelner Bauvorhaben mit erneuter Beteiligung Gegner mit dem Hinweis auf die Beteiligung am Rahmenplan von Protesten oder Klagen abgehalten werden können. Die Chancen der späteren Akzeptanzgewinnung durch frühzeitige Beteiligung sind auch hier gering. Dennoch ist die Beteiligung an solchen Rahmenplanungen nicht sinnlos. Sie dient nur nicht der Akzeptanzgewinnung bei den letztlich betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, sondern einer breiter ausgelegten Ideensammlung und erfordert daher im Detail andere Vorgehensweisen. Bei großen Infrastrukturprojekten gelingt allerdings auch das kaum.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass bei Großprojekten die akzeptanzfördernde Wirkung frühzeitiger Bürgerbeteiligung von der Politik häufig überschätzt wird. Dies gilt nicht für die von der VDI 7000 empfohlene frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung über eine situationsbezogene Stakeholderanalyse. Die TÖBs wissen sehr wohl um die hier angesprochenen Zusammenhänge. Ein Verzicht auf frühzeitige und umfassende Information provoziert nicht nur deren Kritik, sondern erhöht auch das Erfolgsrisiko von Klagen. Umgekehrt ist aber eine solche Information keine Garantie für deren Akzeptanz Das Beispiel des Dialogforums zur A 33 Nord hat gezeigt, dass die Umweltverbände hin- und hergerissen sind zwischen der Kenntnis der engen Gestaltungsspielräume der Vorhabenträger in den späteren Phasen und der erwarteten Solidarität mit Bürgerinitiativen vor Ort.
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Am Samstag war ich zu Gast beim Deutschlandfunk in der Sendung PISA-Plus. Das Thema in dieser Woche wurde vom Launch von google classroom in Deutschland motiviert und klang reißerisch: "Gläserne Schule durch „google classroom“ und Co? Chancen und Risiken von digitalen Lernplattformen, die deutsche Klassenzimmer erobern.“ Neben mir war noch ein Lehrer und Medienkoordinator aus Niedersachsen sowie ein Vertreter des Bündnis für Bildung e.V. beteiligt. Und natürlich gab es Publikumsbeteiligung und ein paar kleinere Einspieler.
Im Kern drehte sich die Diskussion um die Frage, ob die Angebote internationaler IT-Unternehmen neu und aufgrund ihrer Gebührenfreiheit attraktiv für Schulen seien und welche Konsequenzen daraus für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulen insgesamt entstehen. Ich habe versucht deutlich zu machen, dass es sich hierbei um kein neues Phänomen handelt, dass google bisherige Dienste in anderer Weise speziell den Schulen anbietet und dass es ausreichend Ersatzprodukte für Schulen gibt. Allerdings sprechen die Gewöhnung aufgrund der privaten Nutzung und die einfache Benutzbarkeit für sie.
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist im Prinzip in allen Bundesländern klar geregelt, wobei manche es den Schulen überlassen (wie NRW) und andere es zentral bestimmen (und im Zweifelsfall verbieten wie Schleswig-Holstein). Verbote helfen dann nichts, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Daher haben Bundesländer wir Bremen, Baden-Württemberg oder auch Sachsen eigene Lernplattformen entwickelt, gekauft oder angepasst und bieten sie den Schulen an. Dank des Bildungsföderalismus gibt es auch hier 16 verschiedene Lösungen. Datenschutzrechtlich sind diese Lösungen abgesichert, wie es mit der Informationssicherheit beim Betrieb aussieht, hängt von der Professionalität des jeweiligen Dienstleisters ab. In Ermangelung staatlicher Angebote oder aus Eigeninteresse haben Schulen Open Source Lernplattformen auf ihren Schulservern eingerichtet - auch hierfür gelten die gleichen Regelungen und ob Schul-Administratoren in der Lage sind, ihre Systeme gegen Zugriffe von außen zu schützen, ist zweifelhaft.
Insgesamt gilt bei Lernplattformen, Cloud-Speichern oder der Nutzung sozialer Netzwerke in Schulen wie immer im Datenschutz: die Weiterverarbeitung hängt entscheidend davon ab, was ich selbst hineinstelle. Daher ist Datenschutz immer auch Teil der Förderung der Medienkompetenz - bei Schülerinnen und Schülern wie bei Lehrkräften. Warum allerdings die deutschen Anbieter bisher nicht in der Lage waren, zumindest einen einfachen Cloud-Speicher zu günstigen Konditionen den Schulen anzubieten und damit dropbox und anderen Diensten, bei denen das europäische Datenschutzniveau nicht eingehalten wird, etwas entgegenzusetzen, bleibt ein Rätsel. Immerhin gibt es kommunale IT-Dienstleister, die hier etwas für die Schulen tun. Wäre dies ein Standardangebot, wäre den Schulen und damit dem Datenschutz schon sehr geholfen.
Aufgrund der Zeit konnten wir leider nicht darüber diskutieren, welche besonderen Anforderungen durch die Nutzung schülereigener Geräte (Bring-your-own-device) entstehen (unerlaubter Zugriff auf andere Apps, In-App-Käufe usw.). Das wäre eine weitere Sendung wert.
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