Im vergangenen Monat durfte ich in der Bremischen Bürgerschaft ein Forum zu Open Data, Geodaten und Informationsfreiheit moderieren (E-Government in medias res am 18.01.2011). Unter den etwa 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren Dr. Martin Hagen (IT-Referatsleiter Bremen), Per Meyerdierks (Datenschutzbeauftragter Google Germany), Rainer Hamann (Bürgerschaftsabgeordneter) und Manfred Winderl (IT-Strategie, Direktorium München).
Es zeigte sich schnell, dass die traditionelle Behördensicht (“Qualität will bezahlt sein”) nicht ohne Weiteres mit einem - zugegebenermaßen vereinfachten - Open-Data-Grundgedanken (“Wir zahlen schon Steuern und Abgaben, also gehören die Daten der Allgemeinheit”) zusammenzubringen ist.
Josef Blömer, GIS-Koordinator beim Landkreis Diepholz, stellte die aktuelle Situation in der Praxis einer Kreisverwaltung vor: Der Landkreis Diepholz betreibt ein Geodatenportal, das zuletzt Ende 2009 grundlegend überarbeitet wurde. Geodaten werden web-basiert bereitgestellt; Kreisverwaltung und Kommunen können Geofachdaten online editieren. Für Bürger, Wirtschaft, Verbände und Sicherheitbehörden besteht die Möglichkeit, online ergänzende Skizzen und Zeichnungen zu erstellen.
Blömer betonte, dass die von der Verwaltung bereitgestellten Daten (wie Rasterdaten, digitale Orthophotos und Vektordaten) hohe Anforderungen an Aktualität, geometrische Genauigkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit erfüllen. Weitere Qualitätsmerkmale seien Umfang der Sachinformationen und Attributierung (Zuordnung von Objekten zu Ortsdaten) sowie Konsistenz der Datenmodellierung und logische Gültigkeit. Es sei ein besonderes Merkmal der durch die Verwaltung bereitgestellten Geobasisdaten, dass ausführlich und korrekt dokumentiert werde. So werden etwa Luftbildaufnahmen (Orthophotos) mit zahlreichen Metadaten versehen (Bearbeitungsgrundlage, Erstellungs- und Änderungsdatum, Bearbeiterin mit Telefonnummer, verantwortliche Stelle, Datenherkunft, Auflösung, Datum der Datenbankaufnahme). Die in Überfliegungen aufgenommenen Orthofotos bieten eine Auflösung von etwa 20 cm je Bildpunkt (die neusten GeoEye-Satellitenaufnahmen für Google Maps werden bestenfalls mit 50 cm / Bildpunkt bereitgestellt).
Für Blömer steht es außer Frage, dass jemand, der durch qualitativ hochwertige Geodaten einen Nutzen erlangt - etwa Unterstützung in Entscheidungsprozessen - sich auch an den Kosten beteiligen soll, die für die Produktion anfallen.
Die Abgabe von amtlichen Geobasisdaten sei durch Kostenordnungen für das amtliche Vermessungswesen in den jeweiligen Bundesländern geregelt (z.B. VermKostO Niedersachsen). Privatwirtschaftliche Geodatendienstleister beziehen Geodaten (Hauskoordinaten, Straßennetz, Digitales Landschaftsmodell, etc.) zentral über das Geodatenzentrum bzw. die Service- und Auskunftsstellen der Bundesländer.
Über die Gebühren gemäß der Richtlinie der AdV könne der Staat eine angemessene Refinanzierung erlangen, jedoch keine Vollkostendeckung. Die Gebührenempfehlungen seien am Bedarf der Geodateninfrastruktur in Europa (INSPIRE) und Deutschland ausgerichtet.
Vor diesem Hintergrund kommt Blömer zu dem Fazit: Falls in Zukunft die Abgabe bestimmter Geobasisdaten kostenlos erfolgen soll, ist zunächst die Politik gefragt.
Argumente für die Position “Eine freie Gesellschaft braucht offene Daten” wurden durch Daniel Dietrich (Vorsitzender des Opendata Network e.V.) zusammengestellt.
Die Open Data Bewegung hat sich die Öffnung von Staat und Verwaltung auf die Fahne geschrieben. Bürgerinnen und Bürgern soll ein freier und ungehinderter Zugang zu Informationen und Daten aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung möglich gemacht werden. Von einer offenen Datenbereitstellung werden zahlreiche Vorteile erwartet: Durch Transparenz werde das Vertrauen in die Verwaltung erhöhen, die Kenntnis der Datengrundlagen könne Partizipationsprozesse anregen und nicht zuletzt hätte die offene und freie Datenbereitstellung positive Auswirkungen auf Wissenschaft und Wirtschaft.
Bei der Festlegung von Preismodellen gibt die Open Data Bewegung zu bedenken, dass es sich um nahezu ohne Mehrkosten verlustfrei reproduzierbare digitale Güter handle. Demgemäß sei zwar die Bereitstellung der ersten Kopie zu bezahlen - über Steuern und Gebühren - danach sei aber zu gewährleisten, dass die öffentlichen Daten ohne weitere Kosten frei weiterverwendet werden können.
Statt wie bisher alle weiteren Rechte vorzubehalten, sollten freie Lizenzformen wie Creative Commons und für Datenbanken Open Database License (ODbL) oder Public Domain Dedication and Licence (PDDL) gewählt werden.
Auch Geobasisdaten seien als typische öffentliche Daten anzusehen und damit nach Erstattung des Erhebungsaufwands gemeinfrei oder zumindest unter freien Lizenzen zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sollten Kartenanwendungen mit offenen Schnittstellen arbeiteten, um Verknüpfungen zwischen Diensten zu ermöglichen. (Auf Mashup-Anwendungen - wie Mapumental oder Mapnificent - hatte am Tag zuvor auch schon Dr. Hagen hingewiesen.)
In Europa gibt es durchaus schon Beispiele dafür, dass Geodaten frei zur Verfügung gestellt werden. In der Schweiz können Bund und Kantone zwar Gebühren für den Zugang zu Geobasisdaten und deren Nutzung erheben; es gibt aber auch eine große Menge kostenloser Geodaten (swisstopo). Dass es bei politischem Willen möglich ist, Geobasisdaten kostenfrei bereit zu stellen, veranschaulichen die Beispiele Großbritannien und Norwegen. Die Daten bis zum Maßstab 1:10000 sind dort häufig sogar für kommerzielle Zwecke freigegeben.
Ein in diesem Zusammenhang bemerkenswertes Projekt ist OpenStreetMap. Hier werden Geodaten überwiegend unter den Lizenzen Creative Commons Attribution Share-Alike 2.0 und Open Database License veröffentlicht. Es werden auch Metadaten erfasst und die Datenqualität ist dort, wo sich viele Menschen sich am Projekt beteiligen, erstaunlich hoch.
Bild: Nordwesteuropa, NASA
Meyerdierks (Google Deutschland) wies darauf hin, dass auch viele andere Geodaten heute schon als Open Data verfügbar sind (etwa NASA Satellitenfotos). Google sei für seine unentgeltlich bereitgestellten - werbefinanzierten - Dienste jedoch in großem Maße darauf angewiesen, Basisdaten von Verwaltung und Geo-Dienstleistern einzukaufen.
Manfred Winderl merkte an, dass München damit beginnt, Datenbestände des Stadt für die allgemeine Auswertung bereitzustellen und dazu einen Ideenwettbewerb durchgeführt hat (http://mogdy.liqd.net/instance/mogdy).
Er stellte darüber hinaus die Frage, ob und inwieweit die Vereinfachung des technischen Zugangs zu Daten auch ein Schritt in die Richtung von Barrierefreiheit - im Sinne der BITV - sein könne.
Im Anschluss an das Forum erläuterte Prof. Herbert Kubicek die “Bremer Empfehlung zu Open Government Data” (siehe Beitrag vom 16.01.2011). Er stellte das Informationsfreiheitsgesetz Bremen und das elektronische Informationsregister als Möglichkeit dar, die offene Datenbereitstellung im Kontext existierender rechtlicher Vorgaben zu verwirklichen.
Dr. Hagen (IT-Referatsleiter bei der Senatorin für Finanzen) betonte in diesem Zusammenhang, dass dies sich gut in die in Bremen seit langem verfolgte Strategie einer transparenten Verwaltung einfüge.
Rainer Hamann schließlich wusste aus der Bürgerschaft zu berichten, dass noch vor den Wahlen zu erwartenden Änderungen des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes dazu beitragen werden, Informationszugang und Verwaltungstransparenz in Bremen weiter voranzubringen (siehe: Bericht und Dringlichkeitsantrag des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten vom 15.02.2011).
Über die Konferenz “E-Government in medias res” am 17. und 18.01.2011 in Bremen habe ich an anderer Stelle bereits stückweise berichtet.
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Da uns Social Software und all das, was unter dem Begriff Web 2.0 zusammengefasst wird, nun schon seit einigen Jahren begleitet, denke ich, dass es an der Zeit ist, die Anwendung dieser Dienste und Konzepte auf das kommunale E-Government unter die Lupe zu nehmen. Veröffentlichungen und Veranstaltungsbeiträge dazu sind bisher nur dünn gesäht (was nicht heißt, dass es sie nicht gibt, aktuell z.B. Input von der Basis von A. Klees oder Die Verwaltung bloggt von R. Mitterhuber).
Für unsere E-Government-Akademie haben wir ein Seminar zum Thema Web 2.0 für Kommunalverwaltungen zusammengestellt, als Termin wurde der 11.11.2008 festgelegt. Zum Einstieg werde ich das untersuchte Feld eingrenzen und dann typische Anwendungsbeispiele und erste Ideen für E-Government-Dienste nennen. Meine Kollegin Barbara Lippa befasst sich mit neuen Möglichkeiten zur E-Partizipation und stellt diese im zweiten Themenblock vor. Schließlich will Beate Schulte einige Antworten zum Thema Barrierefreiheit und Web 2.0 geben. Sie beschäftigt sich im Rahmen des BIENE-Wettbewerbs mit der Thematik barrierefreies Webdesign. Schließlich wollen wir praktische Fragen klären und über die Anwendung in kommunalen Webauftritten und in Mitarbeiterportalen diskutieren.
Wir müssen zur Kostendeckung einen Teilnahmebeitrag erheben (94 Euro incl. MWSt.), für Mitglieder der virtuellen Region Nordwest ist der Beitrag um 10% ermäßigt. Anmeldeformular und Ablaufplan sind auf den Seiten der E-Government-Akademie zu finden.
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Da heute im Team die Frage aufkam, wie und ob man Tagclouds barrierefrei gestalten kann, hier ein paar Gedanken dazu.
Tagclouds sind in erster Linie eine optische Orientierungshilfe. Je nach Definition erkennt der Nutzer auf einen Blick, welche Begriffe oft nachgefragt werden (wertende Ausrichtung) oder zu welchen Bereichen zahlreiche Beiträge vorhanden sind (inhaltliche Ausrichtung).
Da es sich bei einer Tagcloud um eine Liste von Links handelt, ist es sinnvoll, für die Darstellung die HTML-Listenform zu verwenden.
Wichtig ist, dass die Priorität eines Begriffes nicht nur optisch erkennbar ist (durch Farbe, Schriftgrad oder -formatierung - hier bitte auf ausreichende Kontraste und Skalierbarkeit der Schrift achten, sowie die Begriffe nicht nur allein durch Farbe unterscheiden), sondern auch im Title des Links auftaucht. Und das nicht in der Form “Priorität 1 ...”, “Priorität 2…” sondern z.B: Arbeitslosigkeit 25 Beiträge Priorität 2, Arbeitswelt 80 Beiträge Priorität 1, Berufliche Aus- und Weiterbildung 5 Beiträge Priorität 3 usw..
Idealerweise besteht die Möglichkeit, die Tagcloud wahlweise alphabetisch oder nach Prioritäten zu sortieren.
Ferner sollte darauf geachtet werden, dass die Links einen ausreichenden Abstand zueinander haben und dass die Zeilenhöhe ausreichend ist.
Außerdem sollte dem Nutzer unbedingt die Möglichkeit gegeben werden, die Tagcloud zu überspringen, am besten durch Einsatz eines Ankers oder Accesskeys der zum Beginn des nächsten Seitenbereichs führt.
Im Sinne der Barrierefreiheit sollte sich die Tagcloud natürlich auch nicht automatisch im Hintergrund aktualisieren und verändern, während man die Webseite betrachtet. Auch eine dynamische Neuordnung der Begriffe bzw. Vergrößerung der Schrift bei ähnlichen Themen o.ä., wenn man z.B. mit der Maus drüberfährt, wird eher verwirren statt helfen.
Wenn es sich um eine Tagcloud mit wenigen wichtigen Begriffen für den gesamten Webauftritt handelt statt für vereinzelte untergeordnete Bereiche, könnte man zusätzlich auf das Microformat rel=“tag” zurückgreifen, das seinen Platz im a-Tag hat. (z.B. <a href=“http://www.irgendwas.de/stiftung” rel=“tag”>Stiftung Digitale Chancen</a>). Achtung: Semantisch als Tag gekennzeichnet wird hierbei nicht der am Bildschirm angezeigte Verweis “Stiftung Digitale Chancen” sondern der letzte Abschnitt des Links, in diesem Fall “stiftung”.
Leer- und Sonderzeichen des Tags in der URL sollten dabei URL-encodiert sein.
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Der BIENE Wettbewerb (http://www.biene-wettbewerb.de) wird 2008 zum fünften Mal durchgeführt, um die besten deutschsprachigen barrierefreien Webseiten zu prämieren. Wie auch in den vergangenen Jahren führt das ifib die Auswertung der Einreichungen durch.
Das mehrstufige Verfahren zur Evaluation ist insbesondere durch die Ergebnisse einer Grundlagenstudie zur Nutzung des Web 2.0 durch Menschen mit Behinderung erweitert worden. Die Studie wurde von der Stiftung Digitale Chancen und der Aktion Mensch initiiert und in Zusammenarbeit mit dem ifib umgesetzt.
Das Prüfverfahren im BIENE Wettbewerb besteht aus Experten-Reviews und Praxis-Tests mit Betroffenen. Von Juli bis November 2008 werden die eingegangenen Beiträge nach diesem Verfahren ausgewertet und anschließend dem fachlichen Beirat des Wettbewerbs und der Jury zur abschließenden Entscheidung vorgelegt.
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