Evaluation und Novellierung des Bremer Informationsfreiheitsgesetzes liefern wertvolle Hinweise für aktuelle Open Government Data Initiativen
Open Data und Freedom of Information
Immer wieder werden in Deutschland Initiativen aus den USA aufgegriffen, die das Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern zu Staat und Verwaltung verbessern und zu mehr Demokratie führen sollen. Aktuell sind dies Konzepte des Open Government und Open Government Data, die 2008 in Kalifornien entwickelt und im Wahlkampf von Barack Obama aufgegriffen wurden. Mitte der 90er Jahre waren es Konzepte des E-Government und des Information Superhighway im Wahlkampf von Bill Clinton und Al Gore. Sie wollten die Informationen, die mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger erzeugt worden sind, diesen unentgeltlich über das Internet zugänglich machen und haben dann auch dementsprechend den aus den 60er Jahren stammenden Freedom of Information Act um einen Electronic Freedom of Information Act ergänzt. Das alte Paradigma des Rechts auf Stellung eines Antrags auf Informationszugang wurde durch die Pflicht zur pro-aktiven Veröffentlichung von Informationen in sogenannten Electronic Reading Rooms ergänzt. Jede Bundesbehörde muss ein Verzeichnis der zugänglich gemachten Dokumente veröffentlichen, und das Department of Justice muss eine zentrale Übersicht über diese Verzeichnisse bereitstellen (http://www.justice.gov/oip/04_2.html). NGOs bieten schon seit mehreren Jahren eine Erschließung von Dokumenten an, die aufgrund von Anträgen nach FoI herausgegeben worden sind und von Freiwilligen auf deren Plattform eingestellt werden (z.B. http://www.citizensforethics.org). Die erhoffte Mitwirkung ist allerdings deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Es ist erstaunlich, dass die Open Data Bewegung keine Aufarbeitung der Erfahrungen mit diesen Ansätzen vornimmt, sondern aus dem etwas anderen Blickwinkel der technischen Weiterverarbeitung von Daten der Verwaltungen unbeschwert und hoffnungsfroh Prinzipien formuliert und Forderungen erhebt, bei deren Umsetzung man sehr viel aus diesen Erfahrungen lernen kann (http://www.opengovdata.org/ sowie http://resource.org/8_principles.html und http://wiki.opendata-network.org/Open_Government_Data_Principles). Man sagt: Das Internet vergisst nicht. Aber man muss hinzufügen: Das Internet erinnert sich nicht. Wenn man Open Data bei Google eingibt, bekommt man keine Treffer zu Freedom of Information. Dies ist auch ein Hauptproblem bei der Suche nach Daten unter Open Data Regelungen.
Eine Open Data Plattform von Bund und Ländern
Die fehlende Erinnerung und Assoziation finden wir auch in der aktuellen Diskussion in Deutschland. Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm Vernetzte und transparente Verwaltung u. a. das Vorhaben Open Government als einen zentralen Baustein angekündigt. Auf dem IT-Gipfel in Dresden am 7. Dezember 2010 wurde der Aufbau einer zentral zugänglichen, den Interessen der Nutzer an einem einheitlichen, leichten und benutzerfreundlichen Zugriff gerecht werdenden Open-Data-Plattform bis 2013 vereinbart. (http://de.wikipedia.org/wiki/Nationaler_IT-Gipfel#Ergebnisse). Sie soll die Plattformen von Bund, Ländern und Kommunen vernetzen und den Anforderungen von Bund, Ländern und Kommunen sowie den fachlichen Qualitätserwartungen der Nutzer gerecht werden.
Dies soll in enger Abstimmung mit allen Beteiligten geschehen. Das federführende Bundesministerium des Innern hat die Mitglieder des IT-Planungsrats für den 18. Januar 2011 zu einer Auftaktsitzung eingeladen, um eine gemeinsame Standortbestimmung vorzunehmen und die Felder festzulegen, auf denen Bund und Länder bereits auf gutem Wege sind und schnelle Erfolge erzielt werden können.
Als einen der vorbereitenden Schritte hat das federführende Bundesministerium des Innern bei der Forschungskooperation Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Technologie e.V. (ISPRAT) eine Studie in Auftrag gegeben. Diese Studie mit dem Titel “Vom Open Government zur Digitalen Agora - Die Zukunft offener Interaktion und sozialer Netzwerke im Zusammenspiel von Politik, Verwaltung, Bürgern und Wirtschaft” ist jedoch wenig zielführend für die Planung einer solchen Plattform, weil sie auf hohem Abstraktionsniveau verharrt und die Situation der Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland nicht zutreffend wiedergibt (http://www.isprat.net/) . So ist den Autoren entgangen, dass sich das Bremer IFG von dem des Bundes und denen anderer Bundesländer genau in dem kritisierten Punkt der fehlenden Veröffentlichungspflichten unterscheidet. Weder das Gesetz selbst noch die 2009 vorgelegte Evaluation durch das ifib werden dort erwähnt.
Benutzungsfreundlichkeit bedeutet Integration und einheitliche Erschließung
Für die angestrebte Open Data Plattform von Bund und Ländern kann man sehr viel aus diesen Erfahrungen in Bremen lernen. Diese soll, wie oben zitiert, einen einheitlichen und zentralen Zugang zu den Daten von Bund und Ländern ermöglichen, der leicht und benutzerfreundlich sein soll. Genau dies schreibt §11 des 2006 verabschiedeten BremIFG vor (http://www.informationsfreiheit-bremen.de/pdf/ifg.pdf) und wurde seitdem, so gut es geht, in dem zentralen Informationsfreiheitsregister umgesetzt, das auch unter http://www.bremen.de zugänglich ist. In der 2009 durchgeführten Evaluation hat sich gerade dieser Ansatz als Stärke des Bremer Konzepts erwiesen. Der hohe Anspruch einer Schlagwort-gestützten Suche über alle Dokumente aller Behörden ist allerdings auch eine langwierige, man kann sagen nie endende Aufgabe, für die die Evaluation auch noch weiteren Verbesserungsbedarf konkretisiert hat.
Dabei ist in einem Stadtstaat der Aufbau eines zentralen Registers noch um ein Vielfaches leichter als in einem Flächenland, wo nicht nur die Informationen aller Landesbehörden, sondern auch die aller Ämter der Kommunen und der Zwischenebenen in einem zentralen Register nach gemeinsamen Standards integriert werden müssen, wenn es den Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer entsprechen soll, die die Zuständigkeitsaufteilung zwischen Landesbehörden, Regierungsbezirken, Landschaftsverbänden, Landkreisen, Städten und Gemeinden nicht kennen.
Bremer Empfehlung zu Open Government Data
Was man aus den Erfahrungen mit dem Bremer IFG für die geplante Open Data Plattform lernen kann, wird aktuell in der Bremer Empfehlung zu Open Government Data der Senatorin für Finanzen und des ifib zusammengefasst, die anlässlich der Konferenz E-Government In medias res am 17. Januar 2011 vorgestellt wird und hier heruntergeladen werden kann.
Die Empfehlung nimmt auch Anregungen aus der Open Data Diskussion auf, die im Kontext der Informationsfreiheitsgesetze bisher nicht näher betrachtet wurden. So unterstützt die Senatorin für Finanzen das Prinzip des Zugriffs auf Dateien und der maschinellen Weiterverarbeitung und kündigt eine Suche nach praktikablen technischen und rechtlichen Lösungen in Bremen an.
Ergänzung: Fortgesetzt in Teil 2.
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