Seit 1999 vergibt die Integrata Stiftung in Tübingen jedes Jahr den Wolfgang Heilmann Preis für humane Nutzung der Informationstechnologie. 2012 stand die Ausschreibung unter dem Motto „Mehr Demokratie durch IT“. Ich habe mich darauf gemeinsam mit Martin Hagen, Leiter des Referats IT und E-Government bei der Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen, mit dem Online-Register amtlicher Informationen beworben und zu meiner großen Freude auch neben Abgeordnetenwatch.de den Preis gewonnen.
Die Jury befand, dass das Register amtlicher Informationen des Landes Bremen den Beitrag der IT für mehr Demokratie besonders gut verdeutlicht. Viele Bundesländer und der Bund haben ein Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürgerinnen und Bürgern einen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen (Planungen, Verträgen, Berichten, Gutachten, Protokollen u. ä.) gewährt. Ein solcher Zugang zu Informationen ist eine grundlegende Voraussetzung für eine demokratische Kontrolle von und Beteiligung an Entscheidungen von Politik und Verwaltung. Allerdings ist dieser Rechtsanspruch in der Praxis nicht einfach wahrzunehmen. Mit der Ausnahme des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes muss man jeweils einen Antrag auf Zugang zu einer bestimmten Information bei der Behörde stellen, die über diese Information verfügt. Die wenigsten Bürgerinnen und Bürger verfügen jedoch über ein entsprechendes Vorwissen.
Ich hatte bei den ersten Beratungen über ein Bremisches Informationsfreiheitsgesetz schon vor mehr als zehn Jahren nicht nur die Idee einer proaktiven Veröffentlichung von Informationen eingebracht, wie sie in den USA mit dem Aufkommen des Internet Gesetz wurde, sondern mich darüber hinaus dafür eingesetzt, dass die Bereitstellung über ein zentrales Register, ähnlich wie ein elektronischer Bibliothekskatalog, erfolgt. 2004 ist dazu auch ein Beitrag in englischer Sprache veröffentlicht worden.*) Während der Zeit der großen Koalition konnte sich die SPD-Fraktion mit diesem Vorschlag lange Zeit nicht gegen die CDU Fraktion durchsetzen. Erst als auf Bundesebene die Große Koalition ein Informationsfreiheitsgesetz verabschiedete, gab die Bremer CDU nach. In dem 2006 verabschiedeten Bremer Gesetz ist ein solches elektronisches Register als Mittel zur einfachen Auffindbarkeit dann auch – zunächst probeweise – vorgeschrieben worden. Das Institut für Informationsmanagement Bremen hat das technische Konzept entwickelt und das zuständige Referat bei der Senatorin für Finanzen hat es 2008 umgesetzt. Dabei hat sich Isabella Schicktanz sehr verdient gemacht – was nicht verschwiegen werden darf. Heute sind in dem in www.bremen.de eingebundenen Register Amtlicher Informationen über 4.000 Dokumente der bremischen Verwaltung suchbar und herunterladbar. Ohne IT wäre das nicht möglich. Wir selbst sind weder mit der Suchfunktion noch mit der Anzahl der Dokumente wirklich zufrieden und arbeiten auch weiter an Verbesserungen.
Wir freuen uns jedoch, dass die Jury und die Integrata Stiftung diesen Ansatz für eine neue Generation von Informationsfreiheits- oder Zugangsgesetzen und deren technische Umsetzung mit dieser Auszeichnung anderen Bundesländern als Vorbild empfehlen, und darüber hinaus die Bemühungen um einen weiteren Ausbau in Bremen unterstützen. Denn inzwischen geht es bei der Herstellung von mehr Transparenz von Verwaltung und Politik nicht mehr nur um den Zugang zu Dokumenten. Unter den Begriff „Open Government Data“ sollen auch die Rohdaten aller Behörden zur Weiterverbreitung und -nutzung durch Wirtschaft und Nicht-Regierungsorganisationen gefördert werden. Dies erfordert rechtliche, organisatorische und technische Erweiterungen des zentralen Informationsregisters. Bremen ist auch da auf einem guten Weg, und das Institut für Informationsmanagement hat in einer Machbarkeitsstudie einige Vorschläge für zukunftsweisende Lösungen gemacht. Mit diesem Preis im Hintergrund wird es vielleicht etwas leichter, einiges davon umzusetzen. Denn nicht in allen Behörden ist die Einsicht gewachsen, dass mehr Transparenz nicht nur eine Last, sondern eine Investition ist. Da trifft es sich gut, dass die Senatorin für Finanzen vor kurzem im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs Apps4Deutschland einen der drei Preise für die Bereitstellung der Bremischen Haushaltsdaten als offenen Daten gewonnen hat. Dieser Preis besteht in einer Urkunde und einer kleinen Statue.
Der Wolfgang Heilmann Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Unser Anteil von 5.000 Euro wird uns im Mai auf dem Integrata Kongress in Berlin in Form eines Schecks überreicht. Das Geld soll für den weiteren Ausbau von Open Data in Bremen verwendet werden. Wie genau das haushaltstechnisch gehen kann, müssen wir noch klären.
Herbert Kubicek
*) Kubicek, Herbert (2004): Third-generation Freedom of Information in the Context of E-Government: The Case of Bremen, Germany. in: Georg Aichholzer, Herbert Burkert, Public Sector Information in the Digital Age. Between Markets, Public Management and Citizens' Rights, Northampton, Mass.: Edward Elgar Publishing, S. 275-286 sowie Kubicek, Herbert (2006): Informationsfreiheitsgesetze vor einem weiteren Paradigmenwechsel. in: Klumpp, Kubicek, Roßnagel, Schulz,(Hrsg.),Medien, Ordnung und Innovation, Berlin, Heidelberg, New York: Springer, S. 331-341.
Das Register Amtlicher Informationen finden Sie unter
http://www.bremen.de/buergerservice/amtliche_informationen
Die aktuellen Maßnahmen zur Open Government Data, u.a. mit dem Wettbewerb Apps4 Bremen unter
http://daten.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen02.c.730.de
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