Am 17. April fand in Oldenburg ein norddeutscher Erfahrungsaustausch zum Betrieb der einheitlichen Behördenrufnummer 115 statt. Oldenburg hat bereits 2008 ein Call Center - hier "ServiceCenter" genannt - in Betrieb genommen und erwartet noch im April den Anruf Nr. 1.000.000. Die Veranstaltung wurde mit einer Podiumsdiskussion abgeschlossen, die ich moderiert habe. Zuvor gab es Erfahrungsberichte zur Entwicklung und zum Betrieb des 115-Verbunds.
Den Auftakt machte Henning Lühr, Staatsrat bei der Bremer Senatorin für Finanzen und Vertreter Bremens im IT-Planungsrat. Er sieht eine wesentliche Herausforderung von 115 im wechselseitigen Lernen und im kulturellen Wandel. "Management by Eichhörnchen" - Wissen sammeln und so verstecken, dass es niemand anders findet - müsse der Vergangenheit angehören.
Schon 2001, also deutlich vor dem Start der bundesweiten Initiative 115, startete in Dortmund die "doline". Simone Dorka berichtete, dass mit 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jährlich rund 870.000 Anrufe bearbeitet werden. Die Erstlösungsquote liegt bei 70%. Die doline berät nicht nur zu städtischen Dienstleistungen, sondern auch in Angelegenheiten, die Bund, Land oder die städtischen Betriebe betreffen.
Anschließend beleuchtete Thomas Wolf-Hegerbekermeier ("Ich habe den längsten Namen, aber nicht den längsten Vortrag.") vom Kreis Lippe den Betrieb eines ServiceCenters durch einen Landkreis. Auch er sah im Wissensmanagement die zentrale Herausforderung. Obwohl sich im Kreis Lippe inzwischen einige Gemeinden dem Verbund angeschlossen haben, sah er es als eher unwahrscheinlich an, innerhalb eines Kreises eine Abdeckung von 100% zu erreichen.
Ingo Tulodetzki, Leiter des Oldenburger ServiceCenters, präsentierte alternative Varianten, wie sich eine Kommune in den 115-Verbund integrieren kann. In Oldenburg sind von der ersten Planung bis zum Start zwei Jahre vergangen. Inzwischen erbringt das ServiceCenter auch Leistungen für die Gemeinde Ganderkesee und für die Samtgemeinde Artland. Kommunen, die sich einem bereits existierenden ServiceCenter anschließen, können nach drei bis vier Monaten startklar sein. Ingo Tulodetzki wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Betrieb eines eigenen ServiceCenters nach vorliegenden Berechnungen erst ab etwa 120.000 Einwohnern wirtschaftlich darstellbar sei.
Kirsten Nax vom Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport informierte über den Entwicklungsstand des Bürger- und Unternehmensservice Niedersachsen (BUS) und dem zugehörigen Modul "ps::Servicecenter", das u.a. Konnektoren für die Integration von Wissensmanagement-Systemen sowie Funktionalitäten zur Ticketannahme und Vorgangsbearbeitung bietet.
Vor der Podiumsdiskussion unterstrich Dr. Georg Thiel vom Bundesinnenministerium seine Überzeugung, dass Verbundlösungen und Shared Services wesentliche Elemente darstellen, um auch in Zukunft über eine leistungsfähige und international konkurrenzfähige Verwaltung zu verfügen. Gerade die anstehenden demografischen Veränderungen würden in den nächsten Jahren für zunehmenden Veränderungsdruck sorgen, dem am besten gemeinsam begegnet werden könne.
An der von mir moderierten Podiumsdiskussion nahmen neben Dr. Georg Thiel vom BMI und Henning Lühr aus Bremen die Oldenburger Amtsleiterin für Personal- und Verwaltungsmanagement, Frau Inge von Danckelman, sowie die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände in Niedersachsen teil: Thorsten Bullerdiek für den Städte- und Gemeindebund, Manfred Malzahn für den Landkreistag und Ulrich Mahner für den Städtetag. In der Diskussion wurde betont, dass Verbünde wie 115 keinesfalls zu Identitätsverlusten auf kommunaler Ebene führen, sondern - im Gegenteil - erst die Freiräume schaffen, um auf kommunaler Ebene gestaltungsfähig zu bleiben. Bedauert wurde, dass das Land Niedersachsen dem Verbund noch nicht beigetreten ist. Zum Schluss bat ich die Podiumsteilnehmer um eine Schätzung, wie viele deutsche Kommunen in zehn Jahren wohl über die 115 erreichbar sind - das Spektrum reichte von deutlich unter 50% bis zu 70%.
Ich habe mich sehr gefreut, einen Beitrag zum Gelingen dieser interessanten Veranstaltung leisten zu dürfen. Und ich habe gelernt, dass der Verbund nicht mehr "D-115", sondern nur noch "115" heißt. Ich gelobe Besserung.
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