Die Integration von digitalen Medien in den Unterricht verläuft schleppend. Zwar kommt es teilweise schon zu einer Veränderung der unterrichtlichen Lernkultur dahingehend, dass Schülerinnen und Schüler stärker eigenaktiv tätig sind, häufiger zusammenarbeiten und die Lehrkräfte verstärkt individuell beraten und unterstützen. Gleichwohl nutzt nur ein relativ geringer Teil der Lehrkräfte die digitalen Medien regelmäßig im Unterricht und dann vor allem, um etablierte Unterrichtsmethoden zu unterstützen.
Neben vielen inhaltlichen und organisatorischen Problemen wie unterschiedliche unterrichtliche Überzeugungen der Lehrkräfte, unzureichende Aus- und Fortbildungsangebote, fehlende didaktische Konzepte, eingeschränkter technischer und pädagogischer Support oder mangelndes Engagement der Schulleitung wird auch immer noch der unzureichende Zugang zu digitalen Medien in den Schulen als Ursache dafür genannt. Die individuelle Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit mobilen Endgeräten kann dabei Abhilfe schaffen.
Untersuchungen von verschiedenen nationalen und internationalen Laptop-Projekten zeigen, dass sich der Einsatz mobiler Endgeräte positiv auf die Motivation und die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler auswirkt. Die Ergebnisse hinsichtlich der Veränderung des Unterrichts sind in den verschiedenen Projekten jedoch uneinheitlich. Unabhängig davon gibt die zunehmende Verbreitung relativ kostengünstiger Netbooks der individuellen Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit mobilen Endgeräten neuen Auftrieb. Somit besteht nach wie vor erheblicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Herausforderungen der Medienintegration im Allgemeinen und zum Einsatz mobiler Endgeräte im Unterricht im Besonderen.
Das ifib hat eine Studie über einen Schulversuch zur Einführung von Tablet PCs an einer gymnasialen Oberstufe durchgeführt. Darin wurden die Schülerinnen und Schüler einer Lerngruppe in der 11. Klasse sowie drei ihrer Lehrkräfte, die die Gruppe in den Fächern Mathematik, Biologie und Geografie unterrichten, Anfang 2008 mit jeweils einem Tablet PC ausgestattet. Das Projekt wurde mit dem Ziel durchgeführt, u.a. mehr darüber zu lernen, wie solche Geräte im Unterricht eingesetzt werden, wie sie die Lern- und Lehrpraxis verändern und welche Konsequenzen das für die Handlungspraxis der Lernenden und Lehrenden hat.
Die Ergebnisse zeigen u.a., dass sich der unterrichtliche Einsatz der digitalen Medien in der Lerngruppe im Vergleich zur restlichen Schülerschaft erheblich intensiviert hat. Der Einsatz des Tablet PCs eröffnet den Schülerinnen und Schülern vielfältige Möglichkeiten der Rationalisierung und Flexibilisierung ihrer Lernpraxen. Die Bedeutung einzelner Medienpraxen bemisst sich für die Schülerinnen und Schüler dabei primär anhand deren Nützlichkeit und den damit einhergehenden Rationalisierungseffekten, die in dem Versuch nur von einer kleinen Gruppe primär männlicher Schülerinnen und Schüler realisiert wurden. In dem Projekt wurden auch Widersprüche zwischen der Medienintegration und bestimmten Rahmenbedingungen bzw. Vorgaben des Unterrichts offenbar. Als einschränkend erweisen sich vor allem Beeinträchtigungen der Medienpraxis, die auf fortwährende Medienbrüche innerhalb der Schule zurückzuführen sind. Der konsequente Einsatz des Tablet PCs würde aus Sicht der meisten Schülerinnen und Schüler eine Reorganisation der Lehr- und Lernpraxis erfordern, der Unterricht bietet aber kaum Experimentierräume dafür. Hoher Bewertungsdruck führt zudem an vielen Stellen zu einer konservativen Praxis der Schülerinnen und Schüler, die auf den etablierten Lernpraxen basiert.
Insgesamt wird damit deutlich, dass die Medienintegration eine Gemeinschaftsaufgabe mit offenem Ausgang ist, an der Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte in gleichberechtigter Weise beteiligt werden müssen.
Sie können die Studie als PDF herunterladen
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