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20. Europäischer Verwaltungskongress in Bremen

Am 5. Und 6. März fand auf Einladung der Hochschule Bremen, des Zentrums für Public Management der Universität Bremen und der Senatorin für Finanzen der 20. Europäische Verwaltungskongress in Bremen, im Haus der Wissenschaft, statt. Geladen hierzu waren insgesamt 220 Redner und Gäste aus der privaten Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung, um sich zu den Innovationen in der Verwaltung auszutauschen.

 

Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Karin Luckey, Rektorin der Hochschule Bremen, und Hans-Henning Lühr, Staatsrat bei der Senatorin für Finanzen Bremen, folgten die Vorträge durch Prof. Dr. Herrmann Hill, Inhaber des Lehrstuhls für Verwaltungswissenschaften und Öffentliches Recht von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speye, und Matthias Kammer, Direktor des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI).

 

Prof. Dr. Hill wähnte die Verwaltung als eines der Gebiete der komplexen und mitunter chaotischen Probleme, den so bezeichneten „Wicked Problems“. Das erfordere ein neues, agiles Vorgehen, und es gebe dafür Analogien. Hill bedient sich in an dieser Stelle der Softwareentwicklungsmethode Scrum. Die Verwaltung könne viel von der Wertschöpfungs- und Verwendungsorientierung dieser agilen Methodik lernen. Das fordere zwar vom Management transformationale Führung und bewegliche Organisation, von den Mitarbeitern technisches Know-How und nicht zuletzt einen Wandel der Verwaltungskultur hin zu einer institutionellen Achtsamkeit. Doch es zahle sich letztendlich aus.

 

Matthias Kammer wählte als Motto für seinen Vortrag die Prägung des Alltages durch Digitalisierung und stellte die Frage, wo sich in dieser Entwicklung die Verwaltung positionieren sollte.

 

Kammer zitierte eine Studie zur Betrachtung der digitalen Gruppierungen in der Gesellschaft, im Allgemeinen in Digital Natives, Digital Immigrants und Digital Outsiders gegliedert. Er machte anhand der Ergebnisse klar, dass es deutliche Barrieren zwischen diesen Gruppen gibt, eine altersbereinigte Gruppierung jedoch nicht möglich sei. Hier gäbe es keine relevanten altersbedingten Häufungen.

 

Doch er verwies auch auf die Tatsache, dass bei aller Digitalisierung in den Bereichen Gesundheit, Mobilität und letztendlich auch im Arbeitswesen im Allgemeinen, die Verwaltung laut den ihm vorliegenden Studien noch starke Defizite in Fragen der Digitalisierung zu lösen habe. Sicherheit sei hier häufig gleichzusetzen mit „Sicher vor Benutzung“. Die Frage, ob selbst das Grundgesetz überhaupt geeignet sei, im digitalen Zeitalter Anwendung zu finden oder gar einen digitalen Gesellschaftskodex zuzulassen, stellte Matthias Kammer in den Raum, ließ sie aber unbeantwortet. 

 

 

 

Es folgten im Anschluss an die Vorträge die vier verschiedenen Themenforen Personalmanagement, Strategie und Steuerung, Bürgerorientierung und E-Government.

 

Das Forum Personalmanagement beleuchtete die Themen der verwaltungsinternen Kommunikation – von ihrem Einfluss auf Veränderungsprozesse, bis hin zum Kommunikationsmanagement und seiner Aufgabe, aus Information einen Dialog zu formen.

 

Das Forum Strategie und Steuerung behandelte die Frage, was Verwaltungen zu Innovationen bewegt und stellte die These in den Raum, Ressourcenknappheit, demographischer Wandel und Digitalisierung seien ausschlaggebende Treiber in dieser Frage.

Die Redner in diesem Forum konzentrierten sich im Kern darauf, wie Innovationen in der Verwaltung ermöglicht werden – welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen und welche Beispiele für innovatives Vorgehen sich bereits bewährt haben.

 

Im Forum Bürgerorientierung stand die Praxis der Bürgerkommune im Vordergrund. Es wurden hier die Möglichkeiten aufgezeigt, mit denen Bürger auf digitalen oder herkömmlichen Wegen zur Beteiligung angeregt werden können. Auch ein Ausblick auf Change² und eine Erweiterung in den Themenbereich des E-Governments waren in den Vorträgen vertreten.

 

Schließlich wurde das Forum E-Government von Dr. Martin Hagen und Prof. Dr. Andreas Breiter moderiert. Neben der Diskussion Zentralisierung gegen Dezentralisierung und einer Beleuchtung des E-Governments speziell im Nordwesten fand in diesem Forum auch eine kontroverse Diskussion zum Thema Datenschutz in der Cloud, im speziellen der Cloud für die Verwaltung, statt. Ein Fokus auf den Bildungssektor, in Form von Kooperationsmodellen für Informationstechnologien in Schulen und Beispielen aus Bildungsprojekten rundeten das Spektrum des E-Governments ab.

 

 

 

Das enorme Themenspektrum hatte die beiden Kongresstage angereichert mit Diskussionsinhalten, innovativen Ideen und Anregungen für die Verwaltungsschwerpunkte der Zukunft. Für Unterbrechungen und die Plattform für die interdisziplinäre Kontaktaufnahme sorgten die gemeinsamen Pausen und der Senatsempfang am 5. März im Rathaus.

 

Neben der Übereinstimmung dahingebend, dass Innovationen erstrebenswert sind und im Fokus der Entwicklungen stehen sollten, wurden die Beiträge vieler Referenten kontrovers diskutiert. So führte Prof. Dr. Herrmann Hill mit seiner agilen Verwaltungsstruktur die Mitarbeiter heran an den Gedanken der totalen Abkehr von Bürokratie und starrer Verwaltung. Doch nicht alle Fragen konnten zweifelsfrei ausgeräumt werden, was bspw. die Verteilung von Verantwortlichkeiten in einer transformationalen Führungsstruktur betraf. Zwar konnte Hill eindrucksvoll die Vorteile von motivierten Mitarbeitern offenlegen, doch alle Fragen in Gänze zu beantworten blieb er dem Publikum schuldig und sorgte damit für Diskussionsgrundlagen in den folgenden Pausengesprächen.

 

Auch Prof. Dr. Jürgen Fischer, Professur für Psychologie sowie Personal und Organisation an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, konnte eindrucksvoll beschreiben, wie er die Umstellung von insgesamt 63 Ämtern in Baden-Württemberg begleitet hat. Die Teamstrukturen wurden zu einem Superleader-Ansatz, demzufolge Teams sich selbst führen und Eigenverantwortung praktizieren, umgestellt. Doch auch Fischer musste dem Publikum gestehen, dass eine Entwicklungszeit von insgesamt über 14 Jahren in diesem Projekt enormes Durchhaltevermögen von allen Beteiligten verlangt hat.

 

 

 

Und schließlich polarisierte auch der Abschlussvortrag durch die Darkhorse GmbH, vertreten durch Greta Konrad und Lisa Zoth, das Publikum bis weit in die folgenden Diskussionen hinein. Denn Ihr Ansatz vom Design Thinking fand mit seiner wohl durchdachten Mischung aus Kreativität und Struktur zwar die Ohren des Publikums und es konnten auch alle dem Werdegang einer Idee (bspw. einer Dienstleistung) bis hin zum fertigen, am Kunden getesteten Produkt folgen.

 

Doch die Übertragung dieser Kreativität in die fixierte, fremdgesteuerte Struktur der Verwaltung, das fiel auf Nachfrage dem Publikum und den Referenten gleichermaßen schwer.

 

 

 

Es bleibt den geladenen Gästen überlassen, die Ideen, Innovationen, Ansätze und Wünsche der Referenten mit Bedacht in Einklang mit den Erfahrungen zu bringen.



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