Hintergrund ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Schulschließungen vom November 2021. Dort wurde der Anspruch formuliert, dass dem Bildungsrecht von Heranwachsenden eine Gewährleitungspflicht des Staates gegenübersteht, die sich an einem „unverzichtbaren Mindeststandard von Bildungsangeboten“ orientiert.
Das konkrete Thema war diesmal: „Die Schulausstattung als Bezugspunkt eines Mindeststandard schulischer Bildungsangebote“ mit spezifischenm Fokus auf die digitale Infrastruktur. Mit auf dem Podium waren Prof. Dr. Benjamin Jörissen, Prof. Dr. Martin Winkler und ich. Moderiert wurde das Ganze von Prof. Dr. Christine Wieczorek von der Universität Gießen. Ich hatte mein Eingangsstatement unter das Motto gestellt: die Digitalisierung geht nicht mehr weg.
Ohne die tiefgehenden pädagogischen Fragen zur Integration digitaler Medien in den Alltag von Schüler:innen in ihren Schulen (und damit in die Lehr- und Lernprozesse) zu adressieren (Stichworte wären: Schwedische Akademie, ICILS, DigitalPakt), ist es unumstritten, dass eine Basisausstattung erforderlich ist.
Nun handelt es sich bei digitalen Medien um sogenannte Erfahrungsgüter, das bedeutet, ihr Wert wird oftmals erst dann erkannt, wenn sie genutzt werden. Ich beschreibe das immer in Form eines Dreiecks - es braucht eine Breite Basis an flexibel nutzbaren IT-Infrastrukturen, dann sind erst darauf aufbauende Anwendungen (für das Lehren und Lernen) möglich und erst dann kann überhaupt eine Nutzung erfolgen, die dann im Idealfall einen Nutzen nach sich zieht.
Wir nennen diese Basisinfrastruktur "lernförderliche digitale Infrastruktur" (oder LDI). Derzeit versuchen wir mit einer größeren Gruppe von Schulträgern die Grundlagen zu definieren (Projekt ODiKS). Die meisten kommunalen Schulträger haben etwas vergleichbares versucht und in ihren Medienentwicklungsplänen (MEP) das Fundament zu legen.
Die größte Herausforderung: Ungleiche Entwicklung aufgrund der Finanzkraft der Kommunen und der Eltern.
Was gehört zu einer LDI:
Breitband Internet, internes Netz / WLAN, Strom, Server, Serverraum, Schränke (plus Strom und Verkabelung etc.)
Endgeräte (entweder anstatt oder zusätzlich zu den persönlichen BYOD) inkl. Ersatz .
LMS, Lizenzen für Lernsoftware und Bildungsmedien einschließlich KI-gestützter Verfahren und Infrastrukturen
Dauerhafter Betrieb (inkl. Sicherheit und Datenschutz, TOM)
Wir haben allerdings 3 grundlegende Herausforderungen:
a) Die Schulen sind unterschiedlich, es braucht das pädagogische Konzept und dann variieren die Ausstattungen (mobil, stationär), insbesondere BBS und FöZ => daher muss ein Konzept der Schule vorliegen, der in den MEP der Kommune integriert ist und idealerweise von einer Landesstrategie getragen wird.
b) Die Basisausstattung (inklusive Abschreibung etc.) macht nur 30-50% der Kosten aus, relevanter sind die Betriebs- und Supportkosten (und das sind v.a. Personalkosten, geschätzt 1 Technikerin pro 200 Arbeitsplätze oder 500 Euro pro Schüler:in und Jahr
c) Die Trennung zwischen inneren und äußeren Schulangelegenheiten ist dysfunktional, insbesondere bei den Betriebskosten. Bsp: für die kommunalen Schulträger ist es am billigsten, wenn Lehrkräfte den IT-Support übernehmen. Sie sind Landesbeamte. Gleichzeitig sind sie nicht steuerbar (im Sinne kommunaler Standards) und haben nicht immer die fachlichen Kompetenzen.
Die 4 Facetten einer LDI plus ausreichende Mittel für Betriebskosten würde eine Basis schaffen, um an allen Schulen im Sinne gleicher Bedingungen die notwendigen Voraussetzungen für die Integration von digitalen Medien in Unterricht und Schulpraxis zu schaffen. Mindeststandard schulischer Bildungsangebote bedeutet, dass alle Schüler:innen und ihre Lehrkräfte (und multiprofessionelle Teams) jederzeit, wenn es pädagogisch und didaktisch im Sinne des Bildungsauftrags gegeben ist, mit digitalen Medien in der Schule lernen und arbeiten können.
Im Anschluss fand eine intensive Diskussion statt. Dabei wurden auch Grundfragen der pädagogischen Sinnhaftigkeit des Einsatzes diskutiert, sowie die Frage adressiert, welche rechtlichen Rahmenbedingungen diese Standard erfüllen müssen. Sehr einig waren wir uns bei der Dysfunktionalität. Eine Lösung konnte aber auch in dieser Runde nicht gefunden werden.