Bremen wünscht sich gezieltes Engagement und Kreativität von Softwareentwicklern zum 10. Geburtstag des Bremischen Informationsfreiheitsgesetzes
Heute vor 10 Jahren wurde das Bremische Informationsfreiheitsgesetz im Gesetzesblatt der Freien Hansestadt Bremen veröffentlicht. Ein Geburtstag ist immer Anlass, zurück und gleichzeitig nach vorne zu blicken.
2011 haben wir, um das Gesetz den neueren Anforderungen von Open Government Data anzupassen und mit Leben zu füllen, die Senatorin für Finanzen bei einem Apps4Bremen-Wettbewerb unterstützt. Bremische Behörden haben Daten auf dem Datenportal www.daten.bremen.de zur freien Nutzung bereitgestellt und Entwicklerinnen und Entwickler haben daraus Apps für unterschiedliche Betriebssysteme von Smartphones gemacht. Heute stehen über 100 offene Datensätze und 35 Anwendungen auf dem inzwischen so genannten Transparenzportal (http://www.transparenz.bremen.de/) bereit. Wien hat fast 200 solche Anwendungen. Soll unser Ziel sein, quantitativ aufzuholen?
Wenn wir uns die Qualität und Nutzung dieser Apps in Bremen wie in Wien anschauen, müssen wir feststellen:
- Viele sind für nur ein Betriebssystem entwickelt. Die am besten bewertete Bremen App ist nur auf einem Windows Phone nutzbar. In Wien gibt es mehrere Apps, die man nur mit einem Blackberry nutzen kann.
- Keine dieser Apps ist in das offizielle E-Government-Portal integriert, in Bremen findet man sie im Transparenzportal, aber nicht im Serviceportal.
- Jede hat ein anderes Design, eine andere Navigation, unterschiedliche Karten. Nutzerinnen müssen sich immer neu gewöhnen.
- Für manche Themen gibt es in Wien bis zu fünf unterschiedliche Apps. Man müsste eigentlich zu mehreren App-Stores gehen, um sie herunterzuladen und sich dann entscheiden, welche davon man nutzen möchte.
Ist das realistisch, und ist es sinnvoll und erstrebenswert?
Diese Art von offener, im Sinne von zielloser Bereitstellung von im rechtlichen und technischen Sinne offenen Daten lenkt das Engagement und die Kreativität der Entwicklerinnen und Entwickler in eine ungewisse Zukunft und teilweise ins Leere. Am Ende sollen doch bessere Services für Bürgerinnen und Bürger entstehen, die dauerhaft mit aktuellen Daten arbeiten und die die Nutzerinnen und Nutzer dort finden, wo sie nach den Diensten suchen.
Die Bereitstellung von Daten ist für die Verwaltung immer mit Aufwand verbunden. Wir denken, dass ein Haushaltsnotlageland wie Bremen die Kreativität und das Engagement von Entwicklerinnen und Entwicklern in effektivere Bahnen und zu einer dreifachen Win-Win-Win-Situation führen kann und sollte: Daten werden für eine gemeinsam abgestimmte Entwicklung konkreter E-Governmentdienste bereitgestellt und genutzt und die entwickelten Anwendungen werden am Ende in das Serviceportal integriert und dort mit verwandten Diensten verknüpft und von den zuständigen Behörden gepflegt.
Daher haben wir vorgeschlagen, zum 10. Geburtstag des Bremischen IFG nicht noch einmal einen offenen Apps4Bremen Wettbewerb auszurufen, sondern Entwicklerinnen und Entwickler in Bremen und darüber hinaus zur gemeinsamen Verbesserung unserer E-Government-Dienste einladen. Die EU-Kommission nennt das Co-Creation of Public Services. Wir wünschen dem Geburtstagskind entsprechende Geschenke der Entwicklerinnen und Entwickler.
Im Auftrag der Senatorin für Finanzen haben wir uns Apps auf den Open Data Portalen anderer Städte wie Wien, Berlin, München und Köln angesehen, ob dort die Visualisierung, die Navigation, die Verknüpfung mit anderen Daten besser gelungen ist als bei unseren bisherigen Bremischen Angeboten. Das kann man in einer Reihe von Fällen neidlos bejahen. Konstruktiv gewendet haben wir dann bremische Angebote mit einem Verbesserungspotential ausgewählt und erste Ideen und Wünsche formuliert.
Bevor nun Entwicklerinnen und Entwickler zu dieser Ko-Entwicklung eingeladen werden, soll zunächst das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an diesen möglichen Angeboten erkundet werden (http://www.bremen.de/buergerinnen-koennen-neue-apps-fuer-daten-aus-der-verwaltung-waehlen-45562911).
Dazu haben wir 14 mögliche Anwendungen aufgelistet. Diese werden ab heute für drei Wochen über www.bremen.de/buergerservice zur Abstimmung gestellt. Jede/r kann die drei auswählen, an denen das größte Interesse besteht. Für die zehn Anwendungen mit den meisten Punkten werden dann Mitte Juni die Anforderungen zusammen mit den datenhaltenden Stellen konkretisiert und die erforderlichen Daten auf www.transparenz.bremen.de bereitgestellt. Entwicklerinnen und Entwickler werden dann eingeladen, die Geburtstagwünsche aufzugreifen und zusammen mit den jeweiligen Behörden die skizzierten Anwendungen mit weiteren Ideen zu entwickeln.
Am Ende sollen also nicht weitere Apps in verschiedenen App-Stores landen, sondern inhaltlich und optisch verbesserte E-Government-Dienste auf http://www.bremen.de und responsiv für unterschiedliche Geräte angeboten werden. Wir sind überzeugt, dass dieser Ansatz nicht nur der Verwaltung nützt, sondern auch den Bürgerinnen und Bürgern und letztlich auch den Entwicklerinnen und Entwicklern. Denn was bringt eine App für ein bestimmtes Smart Phone bei der Suche nach einem Kindergarten oder einem Namen für ein neugeborenes Baby, die man nur auf einem Blackberry nutzen kann? Oder wie sinnvoll sind drei verschiedene Apps für die Visualisierung des Haushalts, die man in verschiedenen Shops herunterladen muss, um sie vergleichen zu können? Wir denken, dass es Zeit ist, eine neue Phase der Nutzung offener Daten für die gezielte gemeinsame Entwicklung von E-Government-Diensten einzuleiten.
Wir sind gespannt, wie dieses Experiment verläuft. Bei der Klärung der Bereitschaft der datenhaltenden Stellen mussten wir zunächst feststellen, dass einige Anwendungen anderer Städte in Bremen nicht entwickelt werden können, weil es entweder entsprechende Daten (z. B. kein Baumkataster oder Daten zum Pollenflug) oder die jeweiligen Sachverhalte (z. B. Hundezonen) nicht gibt. Dort wo Anwendungen und Daten vorhanden sind, war das Echo sehr unterschiedlich. Viele Fachreferate fanden es interessant, wenn einmal Externe auf ihr Internetangebot schauen; andere sehen einen kostengünstigen Weg, ihr Angebot mobil zu machen; einige aber wehrten eine Zusammenarbeit mit Externen auch ab. Letztere stehen nicht mehr auf der Liste. Damit das Experiment gelingt, hoffen wir zunächst auf eine rege Teilnahme der Bremerinnen und Bremer an der Bevölkerungsumfrage (http://ww3.unipark.de/uc/UniBremen_Breiter_Forschung/3f90/).