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Neues aus dem ZDF Fernsehrat (3)

Seit Juli 2020 darf ich den Bereich "Wissenschaft und Forschung" im ZDF-Fernsehrat vertreten. Ganz im Sinne von "Open Science" werde ich im ifib-Blog über die aus meiner Sicht wichtigen und berichtenswerten Themen schreiben.

In der letzten Woche stand am 2.7.2021 die wohl wichtigste Entscheidung für das ZDF und für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in Deutschland an: die Wahl einer neuen Intendantin oder eines neuen Intendanten.

Gleich vorab: Herzlichen Glückwunsch an Herrn Dr. Himmler zur Wahl zum neuen Intendanten und größte Hochachtung für Frau Hassel, die eine sensationelle Kandidatin war. Ich bin sicher, der neue Intendant wird Wissenschaft und Forschung im Blick haben - notfalls erinnere ich ihn!

Der bisherige Intendant, Dr. Thomas Bellut, hatte sich entschlossen, nicht mehr zu kandidieren. Zur Wahl standen Dr. Himmler (derzeit Programmdirektor des ZDF) und Tina Hassel (Chefin des Hauptstadtstudios der ARD). Und damit gab es wirklich eine Wahl: Medienmanager versus Journalistin, Hausberufung versus externe Kandidatin, Frau versus Mann. Beide stellten sich nicht nur in den Freundeskreisen vor - dabei wurde Dr. Himmler vom „schwarzen“ um Dr. Jung (CDU) und Frau Hassel vom „roten“ um Frank Werneke (ver.di) vorgeschlagen und gestützt. Grundsätzlich darf jedes Mitglied eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorschlagen. Zusätzlich gab es die Gelegenheit, mit beiden ein individuelles Gespräch zu führen, was ich sehr gerne wahrgenommen haben. Dabei ging es mir um zwei Themenblöcke: einmal als Vertreter von Wissenschaft und Forschung und einmal als Forschender zu Digitalisierung.

Bei Wissenschaft und Forschung interessierte mich folgendes:

  • Wie schätzen sie die Dreiecksbeziehung zwischen Wissenschaft, Medien und Politik ein und welche Rolle soll das ZDF in Zukunft spielen?
  • Wie kann die Bedeutung von Wissenschaft und ihre Grundprinzipien auch in fiktionalen Sendungen besser transportiert werden?
  • Wie können Wissenschaftlerinnen und insbesondere Early Career Researcher ein prominentere Rolle erhalten?

 

Bei Digitalisierung wollte ich wissen (siehe auch mein Interview im ZDF-Newsletter):

  • Gibt es Ansätze für eine europäische Plattformstrategie - statt „nur“ einer deutschen zusammen mit der ARD?
  • Wie ist der weitere Umgang mit dem automatischen Empfehlungssystem in der Mediathek, wie werden Algorithmen offen gelegt, können Daten auch für die Forschung genutzt werden und gibt es Ideen für eine stärkere Vernetzung mit den Forschungseinrichtungen zu kritischer KI?
  • Wie kann das ZDF die Bildungsangebote als Creative Commons stärken und noch besser als qualitativ hochwertiger Content-Lieferant für Schulen wirken?

Auf alle Fragen hatten beide Antworten, mal mehr, mal weniger substantiell. Ich halte beide für hervorragende Persönlichkeiten, um die Rolle auszufüllen. Die Unterschiede waren grundsätzlicher Natur

Am Vortag der Wahl wurden beide noch einmal durch die Freundeskreise befragt, manche behaupten sogar: „gegrillt“. Viel wurde geschrieben über die Staatsnähe oder Staatsferne des ZDF (siehe FAZ vom 2.7.2021). Die neue Zusammensetzung sollte gewährleisten, dass es keine (partei)politischen „Deals“ gibt. Auffällig war, dass im zweiten Wahlgang beide Freundeskreise vermutlich geschlossen für „ihre“ Kandidatin und „ihren“ Kandidaten gestimmt hatten (32 Stimmen für Dr. Himmler, 28 für Frau Hassel). Eine leichte Bewegung gab es im ersten Wahlgang (34 für Dr. Himmler, 24 für Frau Hassel, bei 2 Enthaltungen). Und dabei gab es wohl keine Probeabstimmungen in den Freundeskreisen. Meine Abschätzung hat ergeben, dass der „rote“ Freundeskreis mehr staatsferne Mitglieder hat als der „schwarze“. Vielleicht war die Blockbildung deshalb in letzterem einfacher? Für mich war es überraschend, dass es zwischen den Freundeskreisen keinerlei Austausch gab - zumindest nicht alle gemeinsam und nicht mit mir. Mich hätten die Argumente der beiden Gruppen für und gegen Frau Hassel bzw. Herrn Himmler sehr interessiert. Aber das war nicht vorgesehen. Vielleicht hätte ein solcher Austausch dazu geführt, dass die Meinungsbildung anders verlaufen wäre, aber vielleicht auch nicht.

Nach dem zweiten Wahlgang entschied sich Frau Hassel, nicht noch einmal anzutreten. Eine Dauerblockade (es sind 36 Stimmen notwendig) wurde für wenig zielführend erachtet. Daraufhin wurde Herr Dr. Himmler im dritten Wahlgang mit 57 Stimmen (1x dagegen, 2 Enthaltungen) zum neuen Intendanten gewählt.

Die Vorsitzende, Frau Thieme, hat sich überzeugend alle Mühe gemacht, nicht nur den Corona-Regeln zu entsprechen, sondern sie hat für eine faire und transparente Wahl gesorgt.

Neben der aufregenden Wahl erschienen die weiteren Themen der Tagesordnung etwas im Hintergrund: es ging u.a. um den Beschluss, einen Drei-Stufen-Test bei 3Sat und Phoenix zu beauftragen. Es wurden zahlreiche Programmbeschwerden behandelt - und allesamt abgelehnt.

Die nächste Sitzung findet im September 2021 statt.



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