Heute hatte ich das Vergnügen, auf zwei Veranstaltungen in Berlin dabei sein zu können. Zunächst durfte ich nach der Vorstellung der Sonderstudie "Schule digital" der Initiative D21 und dem erfrischenden Vortrag von Christoph Kucklick (@chkucklick) über die "Granulare Gesellschaft" zur Bedeutung des Schulsystems für die Medienintegration sprechen. Dabei habe ich 5 Organisationslücken identifiziert, die es zu adressieren gilt, wenn digitale Medien nachhaltig Unterricht und Schule verbessern sollen: 1. zwischen Bund und Ländern, 2. zwischen Ländern und Kommunen, 3. zwischen Region und Schule, 4. zwischen Schulen und Kollegium sowie 5. zwischen Lehrkräften und ihren Schülerinnen und Schülern. Damit wollte ich ein Stück dem Aktionismus entgegnen, der in der Woche des IT-Gipfels allerorten ausgebrochen ist. Die Bundesministerien überschlagen sich mit Konzepten, wie sie die Schulbildung verbessern wollen, obwohl sie gar nicht zuständig sind. Von und über die Kommunen spricht eigentlich niemand, obwohl sie den Großteil der (Folge)kosten tragen werden müssen. Mit einem Mini-Computer in den Händen von Drittklässlerinnen und Drittklässlern soll die algorithmische Kompetenz verbessert werden - das soll den gordischen Knoten des Reformstaus durchschlagen. Kaum zu glauben, wie naiv manche Vorschläge sind.
Reformstau ist bei den Schulen, die den Deutschen Schulpreis erhalten haben, nicht zu erkennen - im Gegenteil. Auf der Jahrestagung der Deutschen Schulakademie waren die reformfreudigen Schulen unter sich und das auf eine beeindruckende Weise. Digitale Medien? Eher Nebensache oder Mittel zum Zweck. "Gute Schulen" wissen diese in ihre pädagogische Arbeit ohnehin einzubeziehen. Auf der abschließenden Podiumsdiskussion durfte ich mit einer Schulleiterin und dem ehemaligen Kultusminister von Sachsen-Anhalt über unsere "realistische Utopie" der Schule 2036 diskutieren, wunderbar moderiert von Jan-Martin Wiarda. Dabei wurde klar, dass sie sich gar nicht so sehr von der heutigen unterscheidet. Womöglich muss sie mehr zu Demokratie und Toleranz vermitteln. Ich habe provoziert mit dem Gedanken, dass wir lebenslange digitale Begleitungen haben werden, die sich auch in unsere Lernprozesse einschalten. Die Lehrkraft wird nicht überflüssig, im Gegenteil, sie bekommt Freiräume für ganz andere Aufgaben als der Instruktion. Das blieb nicht ganz ohne Widerspruch.
Mal sehen, wo das noch hinführt. Forschungsthemen fallen mir da reichlich ein.