Gemeinsam mit Kolleg*innen der Fachgruppe Partizipation der Gesellschaft für Informatik veranstalten wir auf der diesjährigen Mensch und Computer-Tagung einen Workshop zu partizipativer und sozialverantwortlicher Technikentwicklung. Der Workshop wird am 5. September 2021 digital durchgeführt. Interessent*innen werden eingeladen ein 1-2-seitiges Positionspapier einzureichen, welches im Anschluss an die Tagung über die ACM Digital Library veröffentlicht wird. Deadline für die Einreichungen ist der 28. Mai 2021.
Thema des Workshops
Partizipative Technikentwicklung geht davon aus, dass eine direkte Zusammenarbeit zwischen denen, die Technik entwickeln und denen, die sie nutzen, zu technischen Lösungen führt, die den Bedürfnissen der Nutzer*innen entspricht. Das Partizipative Design (PD) der skandinavischen Schule spricht sich explizit für die Beteiligung marginalisierter Bevölkerungs- und Nutzungsgruppen an Technikentwicklungsprozessen aus. Der Ansatz geht auf das „Cooperative System Design“ der 1970er Jahre zurück, der den vornehmlich gewerkschaftlich vorangetriebenen politischen Anspruch der Arbeitsplatz-Demokratisierung verfolgte und durch den Einbezug von Arbeitnehmer*innen in die Technikentwicklung eingelöst werden sollte. Was sich jedoch hinter dem Begriff der Partizipation verbirgt und wie diese gehandhabt wird, kann von Projekt zu Projekt sehr verschieden sein. Ehn und Badham kritisierten bereits 2002, dass die Praxis partizipativer Technikentwicklung ihren politischen Anspruch auf Demokratisierung und Empowerment der jeweiligen Nutzungsgruppe und damit letztendlich dem nach sozialer Gerechtigkeit eingebüßt hätte. PD sei zu einer „weichen Technokratie des Nutzer*inneneinbezugs” verkommen, die vorrangig in akademischen Technikentwicklungsbereichen und weniger in Unternehmen angewandt wird. Aktuelle Untersuchungen partizipativer Technikentwicklungsprojekte stützen diese These. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie sich Partizipation angesichts neuer soziotechnischer Entwicklungen auf Gebieten wie Künstliche Intelligenz, Automatisiertes Fahren, Digitale Transformation, Internet of Things und den damit verbundenen Veränderungen von Infrastrukturen, Machtverhältnissen und Prekarisierungen ermöglichen lässt.
Inhalt und Ziel des Workshops:
Ausgehend von diesen Herausforderungen, möchten wir uns gemeinsam mit Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen technischen Kontexten und Disziplinen mit den Potenzialen und Grenzen des partizipativen Designs im Hinblick auf eine sozialverantwortliche Technikentwicklung auseinandersetzen. Dabei geht es um die Diskussion der Frage: Inwieweit führt die Beteiligung von Nutzer*innen zu einer sozialverantwortlichen Technikentwicklung? Auf der Grundlage unserer Erfahrungen und denen der Teilnehmer*innen möchten wir einen ungeschönten Blick auf die Prozesse, Herangehensweisen, Beteiligungs- und Einflussverhältnisse partizipativer Technikentwicklungsprojekte werfen und diese anhand von Ansprüchen wie demokratische Teilhabe aller Beteiligten, gleichberechtigter Einbezug marginalisierter Nutzungs- und Bevölkerungsgruppen, wechselseitiger Lernerfahrungen, kritische Reflexionen und kontrovers-konstruktive Aushandlungsprozesse erörtern. Ziel ist es, gemeinsam Kriterien zu sammeln und Rahmenbedingungen zu definieren, die erfüllt sein müssen, damit die Beteiligung von Nutzer*innen zu sozialverantwortlicher und inklusiver Technik führt.